Planegg/Berlin – Die beiden Vorfälle liegen einige Monate zurück. Doch sie treiben Bela Bach noch immer um. Die 30-Jährige aus Planegg (Kreis München) ist die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Bereits zweimal hat sie sexuelle Belästigungen erlebt, berichtet sie. Ein Kollege in entscheidender Funktion habe ihr bei einem Antrag Unterstützung zugesichert, erzählt sie. Wenn sie für ein privates Treffen zur Verfügung stehe. „Ich habe ihm sehr deutlich gemacht, dass das überhaupt nicht geht“, berichtet die SPD-Politikerin. Bei einem zweiten Vorfall war sie sprachlos. „Ein Kollege, der mir bereits vorher wegen üblen sexistischen Sprüchen aufgefallen war, lehnte sich über zwei Sitze so zu mir, dass er mir mit einer Karteikarte über das Gesäß streifen konnte“, berichtet sie. Bach drehte sich um, die Blicke trafen sich. „Aber ich habe einen Moment gebraucht, um zu realisieren, was gerade passiert war.“ Die Situation sei kein klassisches Po-Grapschen gewesen. Aber doch so eindeutig, dass sie sich kurz darauf einem Kollegen anvertraute. Er bestätigte ihren Eindruck, dass es sich um keinen Zufall handeln könne.
Bach hat viel über beide Vorfälle nachgedacht. Sie hat sich geärgert, dass sie in diesem Moment zu überrumpelt war, um etwas zu sagen. „Vor allem habe ich mich oft gefragt, wie ich hätte reagieren müssen.“ Heute weiß sie das. Sie würde den Kollegen lautstark zurecht weisen, sagt sie.
Jetzt, mit etwas zeitlichem Abstand, spricht Bach sehr offen über diese Vorfälle. Sie hat ein Interview dazu gegeben – und gemerkt, dass sie bei Weitem nicht die einzige Frau ist, die solche Erfahrungen gemacht hat. Das hat sie bestärkt, öffentlich darüber zu reden. „Wenn ich als Politikerin davon berichte, wird mir zugehört. Einer Pflegerin im Krankenhaus hört vielleicht niemand zu.“
Bela Bach ist auch im Bundestag nicht die erste Abgeordnete, die über Sexismus im Parlament klagt. Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte vergangenes Jahr gesagt: „Insbesondere seit dem Einzug der AfD ist Sexismus im Bundestag, aber auch außerhalb des Parlaments, gegenüber Politikerinnen eher Alltag als Randnotiz.“ Auch sie berichtete von Belästigungen – allerdings nicht von einem Übergriff wie im Fall Bachs.
Bela Bach ist überzeugt, dass es viele junge Frauen gibt, die Ähnliches erlebt haben, sich aber nicht trauen, darüber zu sprechen. Ihnen will sie mit ihrer Offenheit Mut machen. Sie appelliert an alle Frauen, selbstbewusst zu sein, sich solche Übergriffe nicht bieten zu lassen. Auf ihr erstes Interview zu diesem Thema habe sie viele Reaktionen bekommen, berichtet sie. „Sehr viele positive – aber auch viele schockierte.“ Das Thema werde in der Öffentlichkeit noch nicht als wichtig genug wahrgenommen, findet sie. Nach ihren Erfahrungen will sie einen Beitrag dazu leisten, dass Sexismus in der Gesellschaft nicht als Banalität abgetan wird. (mit lby)