Gendern: Unis sehen kein Problem

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

München – Studierende, Kursteilnehmer*innen und DozentInnen: In der Öffentlichkeitsarbeit vieler Hochschulen wird Wert auf geschlechtsneutrale Formulierungen gelegt. Jeder soll sich angesprochen und wertgeschätzt fühlen. In diesem Sinne ist „jeder“ schon falsch, da es sich hier um das Generische Maskulinum handelt. Gemeint ist der männliche Plural, der im Deutschen alle Geschlechter einschließt.

Weil sich aber viele Menschen davon nicht angesprochen fühlen, gibt es an etlichen Universitäten Leitfäden, die Studenten und Uni-Personal geschlechtsneutrale Formulierungen näherbringen sollen.

Was nach süßer Wohlfühlatmosphäre für alle klingt, scheint aber nicht wenigen sauer aufzustoßen: „Uns ist auf verschiedenen Wegen zugetragen worden, dass eine Pflicht zum Gendern bei einigen Studenten Gesprächsthema ist“, erklärt eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums.

Diese Gespräche haben Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) gestern dazu veranlasst, sich per Pressemitteilung zu äußern: „Die Inhalte der Leitfäden dürfen grundsätzlich nicht zu einer Benachteiligung der Studentinnen und Studenten bei der Bewertung von Prüfungen oder bei Auswahlentscheidungen führen.“ Konkret heißt das: Dozenten dürfen ihre Studenten nicht zum Gendern zwingen.

Wie viele Wortmeldungen tatsächlich eingegangen sind, kann das Ministerium nicht beziffern. Offizielle Beschwerden habe es bisher keine einzige gegeben. Doch die Klagen der Studenten haben auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erreicht, wie er am Mittwoch im „Frühstücksfernsehen“ sagte. Auch er spricht sich gegen eine Pflicht aus: „Das möchte ich nicht. Das ist nicht in Ordnung.“ Auf dem CSU-Parteigipfel vergangenes Wochenende keilte der Ministerpräsident mit deutlicheren Worten gegen Sprachvorgaben im Allgemeinen: „Wir sind ein Freistaat und kein Umerziehungsstaat.“

Die beiden großen Münchner Hochschulen, die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und die Technische Universität (TU), fühlen sich nicht angesprochen. Claudia Russo, Sprecherin der LMU, erklärt: „Beschwerden über einen Zwang zum Gendern sind bei uns normalerweise kein Thema.“ Denn an der LMU gibt es keinen offiziellen, von der Hochschulleitung verabschiedeten Leitfaden: „Unsere Frauenbeauftragte hat auf ihrer Website einen Leitfaden veröffentlicht. Den unterstützen wir natürlich inhaltlich, aber eine verbindliche Anweisung ergibt sich für die gesamte LMU daraus nicht.“

Und auch die TU setzt auf Freiwilligkeit: „Natürlich unterstützen wir inklusive Sprache, sonst hätten wir ja keinen Leitfaden veröffentlicht“, sagt Sprecher Klaus Becker. Doch das seien ausschließlich Empfehlungen. Auch einzelne Dozenten dürften keine geschlechtsneutralen Texte von ihren Studenten verlangen: „Basis jeder Bewertung ist die Prüfungsordnung, die ist rechtlich bindend.“ Und in der Prüfungsordnung finde die geschlechtsneutrale Sprache keine Erwähnung. „Folglich darf jemandem, der nicht gendergerecht formuliert, kein Nachteil entstehen“, sagt Becker.

Größte Unis nicht betroffen

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