Starnberg – Lion K. (22) ist groß und schlaksig, trägt Jeans und eine weiß-blaue Trainingsjacke, als er mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird. Er setzt er sich lässig auf den Zeugenstuhl und beantwortet ebenso lässig die Fragen. Lion K. ist ein rechtskräftig verurteilter Mörder aus München. Er hat aus Rache die Schwester seiner Ex-Freundin erstochen. Deshalb nahm er gleich den Hauptangeklagten (21) des Starnberger Dreifachmordes unter seine Fittiche, als dieser in die U-Haft in Stadelheim kam. So erzählt er es gestern vor Gericht.
Von Lion K. erhofft sich die Jugendkammer des Landgerichts München II am 13. Prozesstag neue Erkenntnisse zum mysteriösen Dreifachmord. Denn die beiden schweigen seit Prozessbeginn eisern zu den Vorwürfen. Laut Staatsanwaltschaft haben der Olchinger (21) und der Starnberger (20) einen 21-jährigen Freund und dessen Eltern (60 und 64) kaltblütig ermordet. Der ältere soll geschossen, der jüngere ihn chauffiert haben.
Als der Olchinger nach der Tat nach Stadelheim kam, machte die Nachricht von seiner Ankunft gleich die Runde. „Die anderen standen schon vor seiner Zelle“, berichtet Lion K. Ihm sei das unangenehm gewesen, „weil ich auch wegen Mordes verurteilt bin und weiß, wie das als Neuer ist.“ Ab dem nächsten Hofgang hätten die Mithäftlinge den Neuen dann ausgefragt – ob das stimme, dass er eine ganze Familie erschossen habe. Woher er die Waffen hatte. Ob er es bereue. Manche hätten ihn auch beleidigt. „Er war die nächsten Wochen Gesprächsthema Nummer eins“, sagt Lion K. „Er war ziemlich nervös.“ Und habe „verwirrte Antworten“ gegeben.
So habe er erzählt, dass er Geld für das Morden bekommen habe. „Es klang so, als ob er angerufen wird und sich dann überlegt, ob er’s macht.“ Bis zu 200 000 Euro soll er angeblich pro Mord bekommen haben. Lion K. zuckt mit den Schultern. Offenbar weiß er nicht, ob man das glauben könne. Der Hauptangeklagte selbst starrt auf den Tisch vor sich. An eine Antwort erinnert sich der Zeuge besonders. Mehrmals wurde der Olchinger von Mitgefangenen gefragt, ob er bereue, was er getan habe. Die Antwort lautete: „Nein.“ Aufgrund dieses „Neins“ geht K. davon aus, dass der 21-Jährige die Tat auch wirklich begangen hat. K. ärgerte sich im Gefängnis auch über den Olchinger. Dann nämlich, als dieser ein martialisches Foto von sich mit Gasmaske und zwei Waffen präsentierte. „Als ob er mit der Tat prahlte.“ K. habe sich sehr darüber aufgeregt, „denn mit so was gibt man nicht an“.
Von Mitgefangenen hörte K. noch weitere Mordthesen. Der Olchinger habe ihnen erzählt, dass der inzwischen getötete 21-Jährige einen Amoklauf verüben wollte – und diesen habe er mit dem Mord verhindert. Ebenso habe er auch den Amoklauf im Münchner OEZ verhindern wollen – den Amokläufer habe er gekannt. Es wurde noch kruder: Der Olchinger soll berichtet haben, dass er, sein mitangeklagter Fahrer und der verstorbene Starnberger zusammen einen Amoklauf in den Pasing-Arcaden planten. Doch der Starnberger sei ausgestiegen – und habe dafür sterben müssen.
Der Prozess dauert an.