München – Am Flughafen München scheint die Trendwende dauerhaft erreicht. „Es gibt deutliche Anzeichen für eine Belebung“, sagte Flughafen-Chef Jost Lammers im Münchner Presseclub. Lammers war Anfang 2020 zum Flughafen gekommen –von Beginn an war der gebürtige Oldenburger, der zuvor Chef des Flughafens Budapest war, eigentlich nur noch Krisenmanager.
Die Luftfahrt, sagte er am Donnerstag, habe die Pandemie als erste getroffen – als letzte Branche sehe man nun allmählich Licht am Horizont. Immer noch sind 4000 der einst 9500 Mitarbeiter der Flughafen-GmbH in Kurzarbeit, phasenweise waren es sogar 7000. Einige hundert Mitarbeiter wurden über Freiwilligenprogramme mit Abfindungen und Vorruhestand abgebaut. Trotz der nun erkennbaren Belebung der Luftfahrt sei die Kurzarbeit auch 2022 notwendig, sagte der 54-Jährige. Dass das im Moment gesetzlich nicht vorgesehen ist, „bereitet uns Sorge“. Die Branche kämpfe um eine Verlängerung der Kurzarbeit um mindestens drei, besser aber sechs Monate. „Januar bis März 2022 wird noch mal eine schwierige Zeit“, sagte Lammers. Denn dann ist das Flugaufkommen traditionell niedriger als zu anderen Jahreszeiten.
Seit Pfingsten steige das Passagieraufkommen Monat für Monat. Im Juli waren es 1,4 Millionen Reisende, im August schon über 1,8 Millionen und für September rechnet Lammers mit bis zu zwei Millionen. Noch immer aber ist das nur 40 Prozent des Aufkommens von 2019 – also vor Beginn der Corona-Pandemie. Bei der Zahl der Flüge liege man bei 50 Prozent. Im Gesamtjahr 2021 werde man vielleicht bei 60 bis 65 Prozent des Flugaufkommens von 2019 liegen – damals gab es 417 000 Flüge. Rekordjahre sind nach wie vor 2007 und 2008 (432 000 Starts und Landungen). Vor 2024 oder 2025 werde das alte Niveau aber nicht wieder erreicht.
Größtes Manko ist nach wie vor das Absinken des Interkontinentalverkehrs, der momentan nur 20 Prozent des Vorkrisenaufkommens hat. Lammers begrüßt es deshalb sehr, dass die USA Anfang November das faktische Einreiseverbot für Reisende aus Deutschland und zahlreichen anderen europäischen Ländern aufheben will. Momentan dürfen nur Amerikaner nach Europa fliegen (und wieder zurück), daher gibt es im Münchner Flugplan derzeit schon wieder zehn der ursprünglich 13 USA-Ziele. Ab November werde es zu einem „deutlichen Nachholeffekt“ kommen, prophezeite Lammers. Er freut sich vor allem über den Anstieg bei den Geschäftsreisenden. „Man sieht wieder Menschen mit Rollkoffer und Anzug.“ Normalerweise sind bis zu 40 Prozent der Passagiere beruflich unterwegs, momentan sind es aber weniger.
Als Folge der Krise hat der Flughafen das Satellitengebäude des Terminals 2 geschlossen. Eine Wiedereröffnung werde fortlaufend geprüft, er glaube aber nicht, dass es noch 2021 so weit sein werde. Während einige Investitionsvorhaben wie etwa der Bau neuer Parkhäuser und einer neuen Konzernzentrale vorerst gestrichen wurden, laufen die Arbeiten am Terminal 1 weiter. Dort wird ein neuer, 360 Meter langer Flugsteig gebaut, der ins Flugvorfeld hineinragt. An ihm können zwölf Flugzeuge andocken. Im nächsten Jahr soll die Eröffnung stattfinden. DIRK WALTER