Bestraft für niedrige Miete

von Redaktion

Würzburgerin muss nachzahlen – Kritik an Gesetzeslage

Würzburg/München – Wie sehr sich die sozialen Verhältnisse gewandelt haben, ist nirgends besser abzulesen als auf dem Mietmarkt: Wohnen ist für viele Menschen kaum noch erschwinglich. Dabei gibt es durchaus Vermieter, die äußerst fair agieren. Doch wer eine geringe Miete verlangt, kann steuerlich benachteiligt werden. Das erlebte Ursula R.: Weil sie für die Wohnung, die sie für ihre Eltern gekauft hat, von ihnen deutlich weniger als die Marktmiete verlangt, muss die Frau aus Würzburg fast 1500 Euro an Steuern nachzahlen.

Er sei sprachlos gewesen, als er das Schreiben der Steuerbehörde gesehen hatte, sagt Ursula R.s Vater, Helmut Försch. Der 93-Jährige setzte sich an den Computer und schrieb an Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). Försch legte dar, dass er und seine Frau schon lange in der Wohnung lebten. Vor rund zehn Jahren hatte dann der Verkauf der Wohnung gedroht. Das Paar bekam Angst vor Spekulanten und stark steigenden Mieten. In dieser Situation sprang die Tochter ein: Sie kaufte die Wohnung. Den Mietpreis behielt sie bei. Bis heute.

Helmut Försch kann sich keine hohe Miete leisten. Es wäre ihm auch nicht möglich gewesen, die Wohnung selbst zu kaufen. „Einem Kind muss es doch erlaubt sein, seinen Eltern eine Wohnung sogar kostenlos zur Verfügung zu stellen, ohne mit Strafe belegt zu werden“, schreibt er an Füracker. Das Finanzministerium bestätigte ihm, dass es nach aktueller Rechtslage für Vermieter „zu nachteiligen steuerlichen Folgen“ kommt, wenn Wohnungen erheblich unter dem ortsüblichen Mietniveau vermietet werden. Denn dann könnten Vermieter Ausgaben, die sie selbst für die Wohnung haben, nicht mehr in voller Höhe steuerlich geltend machen.

Noch im vergangenen Jahr musste der Mietzins für die volle steuerliche Absetzbarkeit von Wohnungskosten mindestens ein Drittel der ortsüblichen Marktmiete betragen. Seit diesem Jahr müssen es 50 Prozent sein. Die Bayerische Staatsregierung, heißt es in dem Schreiben an Försch, habe „die Brisanz der bisherigen Gesetzeslage“ im Hinblick auf die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt erkannt und bei der Bundesregierung interveniert. Allerdings sei sie in Berlin abgeprallt.

Der Landesverband Bayern des Deutschen Mieterbundes kann laut seiner Geschäftsführerin Monika Schmid-Balzert nicht verstehen, warum faire Mieten steuerlich sanktioniert werden. Der Fall von Helmut Försch, so Schmid-Balzert, sei „leider kein Einzelfall“.

Auch „Haus & Grund Bayern“, der Landesverband Bayerischer Haus-, Wohnungs- und Grundbesitzer, ist mit der Regelung nicht einverstanden. „Die Fälle, dass Vermieter für zu günstige Vermietungen bestraft werden, haben wir häufiger“, sagt Vorstandsvorsitzende Ulrike Kirchhoff. „Sie kommen auch bei Vermietungen an Fremde vor.“ In München habe dies schon dazu geführt, dass Vermieter die Miete erhöhen mussten, da sie sonst die notwendigen Sanierungen nicht hätten finanzieren können. PAT CHRIST

Mieterbund: Leider kein Einzelfall

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