München/Burghausen – Bei Burghausen soll eine Produktionsanlage für „grünes Kerosin“ entstehen. Die sogenannte Power-to-Liquid-Anlage soll 50 000 Tonnen Flugbenzin jährlich herstellen. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), der sich zugutehielt, das Projekt selbst angestoßen zu haben, sprach von einem „historischen Tag“. Er unterzeichnete gestern mit dem Chef des Raffineriekonzerns OMV Deutschland, Gerhard Wagner, eine Absichtserklärung zum Bau der Anlage.
Die OMV sind bei dem Projekt Konsortialführer, an der Anlage selbst werden weitere Unternehmen wie Siemens Energy, Lufthansa sowie MTU beteiligt sein. OMV im bayerischen Chemiedreieck bei Burghausen beliefert heute schon den Flughafen über eine Pipeline.
Er wolle „dem Flugkunden das schlechte Gewissen nehmen“, sagte Aiwanger. Als Fernziel sei angepeilt, mit grünem Kerosin „möglichst aus bayerischen Quellen den Bedarf des Flughafens Münchens abzubilden“. Allerdings, so merkte er an, sei das schon „ein sportliches Ziel“. Am Flughafen wurden nach Angaben von Geschäftsführer Jost Lammers im Boom-Jahr 2019 2,2 Milliarden Liter Kerosin vertankt. Das entspricht 1,76 Millionen Tonnen. Dagegen nimmt sich die angestrebte Produktionsmenge von 50 000 Tonnen winzig aus. Deutschland hat sich verpflichtet, ab 2026 mindestens 0,5 Prozent der Flugbenzins als „grünes Kerosin“ bereitzustellen. 2030 steigt die Beimischquote auf zwei Prozent – dann muss 200 000 Tonnen grünes Kerosin jährlich produziert werden.
Bevor die Anlage steht, sind noch viele Hürden zu nehmen. In einer Machbarkeitsstudie soll zunächst die Energie- und Rohstoffbereitstellung ermittelt werden. Eine erste kleine Anlage wurde Anfang des Monats von Atmosfair in Werlte/Emsland eröffnet. Dort wird eine Tonne Kerosin täglich synthetisch aus Wasser und Strom gewonnen – Strom liefern Windräder der Umgebung. Außerdem wird Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage eingespeist. Die Lufthansa hat angekündigt, den Treibstoff am Flughafen Hamburg zu beziehen.
Knackpunkt der Anlage in Bayern könnte der Strombedarf sein, denn die Herstellung von Wasserstoff ist ein Stromfresser, ebenso die anschließende Synthese mit Kohlendioxid. „Der Strom muss aus erneuerbaren Quellen sein, und nicht aus Braunkohle“, wie Aiwanger betonte.
Es sei viel Grundlagenforschung notwendig, sagte OMV-Chef Wagner. Er wollte keine Zahl zur Höhe der Investitionen nennen. Nur so viel: „Es kostet Geld und das nicht wenig.“ OMV hat eine erste Projektskizze zum Bau der Power-to-Liquid-Anlage beim Bundesverkehrsministerium eingereicht, um Fördergelder zu erhalten. Auch zum Betriebsstart gab es keine Angabe. Aiwanger nannte die Jahreszahl 2026 – doch ebenfalls als „sportliches“ Ziel. DIRK WALTER