Die Weltraum-Basis in Oberbayern

von Redaktion

VON DOMINIK GÖTTLER

Oberpfaffenhofen – Wenn es um Weltraummissionen geht, dann hat Felix Huber eine eiserne Regel parat: „Nichts ist so sicher wie die Verzögerung“, sagt der Direktor für Raumflugbetrieb und Astronautentraining am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen im Kreis Starnberg. Oder ganz plakativ ausgedrückt: „Irgendwas ist immer.“ Insofern hat es ihn gar nicht so sehr überrascht, dass der Start des deutschen Astronauten Matthias Maurer zur ISS nun schon ein drittes Mal verschoben werden musste. Erst spielte das Wetter nicht mit, dann kam ein „kleineres medizinisches Problem“ (O-Ton der Nasa) eines Crew-Mitglieds dazwischen. Nun soll er frühestens kommende Woche mit seiner Crew ins Weltall abheben.

Wenn mit Matthias Maurer dann tatsächlich erstmals seit drei Jahren wieder ein deutscher Astronaut ins All fliegt, werden auch in Oberpfaffenhofen viele mitfiebern. Denn von dort aus betreuen rund 80 Personen im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation das europäische Raumlabor „Columbus“ auf der Internationalen Raumstation ISS.

„Wir sind sozusagen der Werksleiter“, sagt Felix Huber. Sein Team kümmert sich zum Beispiel darum, dass in dem Wissenschaftslabor, das mit der ISS in rund 400 Kilometern Höhe um die Erde kreist, der Strom fließt, das Licht brennt und die Temperatur stimmt. Und das ist eine Herausforderung. Weil die Bedingungen im All dann doch ganz andere sind als in einem Forschungslabor auf der Erde. „Da oben ist es relativ warm, ungefähr wie Florida im Sommer, denn eine starke Kühlung würde zu viel Energie fressen“, erklärt Huber. Auch die Luft ist durch die Ausdünstungen der Maschinen und der Besatzung nicht die allerbeste. „Sagen wir mal so: Da riecht es nicht wie im Berchtesgadener Land.“ All das hat Auswirkungen auf die teilweise etwas in die Jahre gekommene Technik. „Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Laptop zehn Jahre lang in der Sauna benutzen. Der funktioniert dann auch nicht mehr so gut wie am ersten Tag.“

Und wenn es heißt, „Oberpfaffenhofen, wir haben ein Problem!“, kann man schließlich schlecht mal eben einen Mechaniker vorbeischicken. „Dann müssen die Astronauten ran“, sagt Huber. Auf Anweisung der Spezialisten am Boden wird dann zum Beispiel eine Pumpe ausgetauscht. Aus Oberpfaffenhofen kommt dann die Schritt-für-Schritt-Anleitung: Hier den Hahn zudrehen, dort rausschrauben, Problem gelöst. So ist der Plan.

Den Start wird Huber voraussichtlich im Büro am Bildschirm über die Kanäle der Nasa verfolgen. Wegen der Pandemie kann nicht das ganze Team gemeinsam mitfiebern. Folgen hat die dreifache Verschiebung jetzt schon. „Der Zeitplan für die ganzen wissenschaftlichen Experimente muss wieder neu geschrieben werden“, sagt Huber. Bis zu 150 Experimente sind allein für Matthias Maurer angedacht, betreut vom DLR in Köln aus. Zum Beispiel zu der Frage, welche Effekte die Schwerelosigkeit auf den Körper hat. Oder zur Materialforschung, etwa bei der Aushärtung von Beton. „Ich werde mein Bestes geben, dass da auch wirklich dann die besten Ergebnisse rauskommen“, sagte Matthias Maurer im Vorfeld.

Ein bisschen Sehnsucht ist auch immer mit dabei, wenn Felix Huber mit jeder neuen Mission wieder den Blick ins All wirft. Vor vielen Jahren hatte der 57-Jährige selbst mit dem Gedanken gespielt, Astronaut zu werden. „Ich hätte das sofort gemacht. Leider wurde ich zehn Jahre zu früh oder zu spät geboren.“ Denn als er im richtigen Alter für die Ausbildung war, gab es über Jahre keine Ausschreibungen für eine solche Stelle. Aber auch so hat er seinen Weg gefunden. „Ich habe den schönsten Job im DLR“, sagt er, „denn ich sehe jeden Tag, was die Astronauten machen.“ Langweilig wird das nie. Denn: Irgendwas ist immer.

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