München – Explodierende Baukosten, teure Fehlplanungen und falsche Investitionen. Jedes Jahr prangert der Bund der Steuerzahler in seinem Schwarzbuch Fälle von Steuerverschwendung an. Heuer haben es wieder zehn Fälle aus Bayern in das Buch der Schande geschafft – mit einem Volumen von 130 Millionen Euro. Das sei nur die Spitze des Eisbergs, sagte Landesverband-Vizepräsidentin Maria Ritch gestern in München. Einige Beispiele:
Der schiefe Turm von St. Quirin
Die Misere der katholischen Filialkirche St. Quirin in Gmund am Tegernsee beschäftigt das Erzbistum München und Freising und die Gemeinde seit Jahren. Die Kirche mit ihrem schiefen Turm wurde in mehreren Anläufen saniert und begradigt. Dann wurde auch noch das Dach mit den falschen Ziegeln eingedeckt – und es musste wieder nachgebessert werden. Viel Kapital sei wegen der Fehlplanungen vernichtet worden, hatte Bürgermeister Alfons Besel im April kritisiert – und in der Folge den Beitrag der Gemeinde zur Sanierung gedeckelt. Der Bund der Steuerzahler spricht von Steuerverschwendung in Höhe von rund 30 000 Euro, die nicht nur den Kirchensteuerzahler trifft, sondern wegen staatlicher Zuschüsse jeden Steuerzahler.
Die Venusgrotte als Fass ohne Boden
Die 1877 im Auftrag Ludwigs II. im Park von Schloss Linderhof bei Ettal errichtete Venusgrotte hat es bereits vor drei Jahren ins Schwarzbuch geschafft. Damals rechnete das Finanzministerium schon mit 33 statt der geplanten 25 Millionen Euro für die Restaurierung der künstlichen Tropfsteinhöhle. Mittlerweile ist der anvisierte Fertigstellungstermin ins Jahr 2024 verschoben – und die Gesamtkosten liegen wegen der „äußerst komplexen Baugeometrie“ (O-Ton Finanzministerium) schon bei 58,9 Millionen Euro. Für Maria Ritch ist klar: „Das wird sich zum Fass ohne Boden entwickeln.“
Teure Nachbesserung an der ICE-Trasse
Schon mal was von der „Druck-Sog-Wirkung“ gehört? Nein? Die Deutsche Bahn schon. Denn auf der ICE-Trasse München–Ingolstadt zwischen Obermenzing und Rohrbach (Kreis Pfaffenhofen) mussten nach rund zehn Jahren insgesamt 100 555 Quadratmeter Lärmschutzwand ausgetauscht werden – weil sie Druck und Sog der vorbeifahrenden Hochgeschwindigkeitszüge nicht standhielten. Kostenpunkt: 45,7 Millionen Euro. Die Bahn verteidigt sich: Damals seien die Wände der Stand der Technik gewesen.
Ein Filet-Grundstück für die Nürnberger Uni
Deutschlandweiten Modellcharakter soll die neue Technische Universität in Nürnberg haben. Doch für das 37 Hektar große Grundstück, auf dem die neue Uni entstehen soll, musste der Freistaat tief in die Tasche greifen. Bei 90 Millionen Euro soll der Kaufpreis gelegen haben, obwohl der Gutachterausschuss der Stadt Nürnberg den Wert nur auf rund 46 Millionen Euro taxiert haben soll. Der Grundstückserwerb sei „alternativlos“ gewesen, argumentiert das Bauministerium. Vom Bayerischen Obersten Rechnungshof kassierte es eine Rüge. Und auch der Steuerzahlerbund hält den Kaufpreis für „schwer vermittelbar“.
Die Pleitebank und ihre Folgen
Als die Bremer Privatbank Greensill pleiteging, mussten viele Rathauschefs schlucken. Auch oberbayerische Kommunen wie Oberschleißheim, Pöcking, Puchheim und Vaterstetten hatten Millionenbeträge bei der Bank angelegt, die sie nun wohl nie wiedersehen werden. Das müsse für alle Kommunen eine Warnung sein, fordert der Steuerzahlerbund: „Wer Steuergelder treuhänderisch verwaltet, muss Sicherheit vor Rendite walten lassen.“
64 000 Euro für Taxifahrten an der LMU
Die lockere Ausgabenmoral mancher Uni-Angestellter an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität hatte der Rechnungshof bereits moniert. Nun greift auch der Steuerzahlerbund die Kritik an Taxi-Abrechnungen in Höhe von insgesamt 64 000 Euro oder Reisekosten in Höhe von 32 000 Euro auf. Die Vorfälle liegen Jahre zurück, das Wissenschaftsministerium betont, die Vorwürfe wurden aufgearbeitet, eine „externe Innenrevision“ sei eingeführt worden. DOMINIK GÖTTLER