Fast 100 000 Unterschriften gegen die Anbindehaltung

von Redaktion

Agrarministerin Kaniber nimmt Petition entgegen – spricht sich aber für Beratung statt sofortigem Verbot aus

München – Mit ihrem Appell auf einem Portal für Internetpetitionen hat Sabine Lissy offensichtlich einen Nerv getroffen. „Jeden Tag, wenn ich an den Höfen in meiner Umgebung vorbeikomme, wo Milchkühe gehalten werden, sehe ich das Leid der Kühe, die in Anbindehaltung tagein, tagaus am selben Fleck im Stall stehen“, schrieb die 55-Jährige, die in einem Dorf in der Nähe von Ingolstadt lebt, in ihrer Petition. Sie forderte daher Bayerns Landwirtschaftsministerin auf, die ganzjährige Anbindehaltung umgehend zu verbieten – und die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe größtmöglich zu unterstützen.

Im August stellte sie die Petition ins Netz. Bis gestern haben mehr als 98 000 Menschen aus ganz Deutschland unterschrieben. Und ebenfalls gestern konnte die Petentin ihren Appell im bayerischen Landwirtschaftsministerium in München bei Ministerin Michaela Kaniber (CSU) persönlich vortragen.

„Uns eint das große Ziel“, sagte die Ministerin zu Sabine Lissy. Die hohe Zahl an Unterschriften zeige, wie groß das Anliegen der Menschen ist, hier voranzukommen. Dennoch sprach sie sich gegen ein sofortiges Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung aus, von dem schätzungsweise 10 000 landwirtschaftliche Betriebe in Bayern betroffen wären. „Man muss die Konsequenzen bedenken.“ Rund 10 000 Betrieben auf einmal „den Garaus zu machen“ wäre ein extremer Strukturbruch und hätte zur Folge, dass die Milchproduktion einfach ins Ausland verlagert würde, wo man keinen Einfluss auf die Tierwohlstandards habe, so die Ministerin. Deswegen müsse man mit einer Übergangsfrist, intensiver Beratung und Förderung arbeiten. Sie kündigte dafür eigene bayerische Tierwohlprämien ab dem Jahr 2022 an, mit denen die Landwirte unterstützt werden sollen.

Die Kombi-Haltung hingegen, also die Kombination aus Anbindehaltung und Weidegang für die Tiere, nimmt Kaniber von dieser Debatte aus. „Gerade die Alpenregionen können mit der Kombi-Haltung sehr gut arbeiten. Wir unterstützen das ausdrücklich.“

Sabine Lissy betonte nach der Übergabe eines USB-Sticks mit den fast 100 000 Unterschriften, es gebe ihr Hoffnung, dass das Thema im Ministerium angekommen sei. Allerdings gefalle ihr das Tempo der Politik in dieser Frage nicht. „Ich fürchte, dass es wieder viel zu lange dauert und die Tiere noch viele Jahre weiter leiden müssen.“ Sie verstehe, dass die Bauern nicht von einem Tag auf den anderen umstellen könnten. „Aber der Druck muss her.“ Und die Landwirte müssten entsprechend unterstützt werden. DOMINIK GÖTTLER

Artikel 2 von 11