Memmingen/Erding – Der Luftwaffen-Airbus A310 MedEvac ist eine fliegende Intensivstation der Bundeswehr. Er hat sechs Behandlungsplätze für schwer erkrankte Patienten und war schon öfter in den Schlagzeilen. Zuletzt holte der Kranken-Airbus Bundeswehr-Soldaten aus Mali nach Hause, die dort bei einem Anschlag schwer verletzt worden waren. Am Freitag um 16.43 Uhr hob der Airbus vom Memminger Flughafen, ab – nachdem zuvor Rettungswagen schwer an Covid-19 erkrankte Patienten dorthin transportiert hatten. Sechs dieser Schwerkranken, die laut BR aus Ottobeuren sowie Bobingen stammen, wurden zum Flughafen Münster-Osnabrück geflogen. Drei sollen in Münster, drei in Krankenhäusern der Umgebung behandelt werden.
Und das ist nur der Anfang. Insgesamt sollen in den nächsten Tagen 50 bayerische Patienten in andere Bundesländer verlegt werden, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums, 30 davon bis Sonntag. Die Patienten stammen aus Oberbayern, Schwaben und Niederbayern. Bayern wird mit der hohen Anzahl der Covid-Patienten nicht mehr fertig. Am Freitag waren es insgesamt 1037 Corona-Kranke auf Intensivstationen, die damit mehr als ein Drittel aller Intensivpatienten im Freistaat stellen. In rund der Hälfte der bayerischen Landkreise und größeren Städte ist die Aufnahmegrenze erreicht.
Auch auf dem Landweg begannen die Verlegungen. Am Donnerstagabend seien Covid-19-Patienten aus Straubing und Erding mit einem Intensivtransportwagen nach Fulda/Hessen gefahren worden, sagte die Ministeriumssprecherin. Ein weiterer Patient aus Erding wurde am Freitag verlegt. „Wir sind sehr dankbar, dass es nun die Möglichkeit gibt, deutschlandweit Patienten verlegen zu können und so dringend nötige Behandlungskapazitäten bei uns zu schaffen“, erklärte der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer.
Ein weiteres Spezialfahrzeug mit einem beatmeten Covid-19-Patienten machte sich am Freitag auf der Autobahn auf den Weg Richtung Münster. Es war nach Informationen unserer Zeitung um 13 Uhr im Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern gestartet. Wegen der ungünstigen Witterungsverhältnisse rechnete das Team mit einer relativ langen Fahrzeit. Der Sanka des Arbeiter Samariter Bundes (ASB) ist bis unters Dach vollgestopft mit Hightech, unter anderem mit einer Art Mini-Intensivstation samt Beatmungsgerät. Der Wagen hat eine Spezialfederung gegen Erschütterungen. An Bord befinden sich ein Intensivmediziner mit Notarzterfahrung und weitere Spezialisten. Auch die Uniklinik rechts der Isar und die München Klinik bereiten sich darauf vor, Schwerkranke an Orte mit freien Intensivbetten zu bringen. Das Uniklinikum Großhadern will vorerst keine Patienten verlegen, obwohl seine Intensivstationen ebenfalls aus allen Nähten platzen und unter anderem Krebsspezialisten Alarm schlagen. Sie sehen die Versorgung von Tumorpatienten gefährdet.
Möglich sind die Verlegungen durch das Kleeblatt-Konzept zur strategischen Verlegung von Intensivpatienten – eine Art Rückfall-Ebene, die Bund und Länder am Dienstag aktiviert hatten. bez/lby