Bestatter sind auf Winter vorbereitet

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

München – Thomas Engmann ahnt bereits, wie die zweite Hälfte des Monats für ihn und seine Kollegen aussehen wird. Er betreibt die Feuerbestattungsstelle in Traunstein. Dort werden die meisten Toten aus dem östlichen Oberbayern eingeäschert. In der Region sind die Infektionszahlen seit Wochen sehr hoch – das bedeutet mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit auch viele Corona-Tote. „Aktuell haben wir rund 50 Einäscherungen pro Tag“, berichtet Engmann. Das ist ein Anstieg um etwa 20 Prozent. Noch nicht zu vergleichen mit dem vergangenen Jahr, betont er. In der zweiten Corona-Welle sei die Zahl der Einäscherungen um 30 Prozent gestiegen, in der ersten sogar um 50 Prozent. Dass es noch einmal so schlimm wird, glaubt Engmann nicht. Aber er und sein Team stellen sich darauf ein, dass sie ab Mitte Dezember deutlich mehr Einäscherungen vornehmen müssen. Bei den Bestattern und den Krematorien kommen die hohen Infektionszahlen zeitversetzt an. Engmann ist darauf vorbereitet.

„Wir werden ab Mitte Dezember wohl wieder im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten müssen“, sagt er. Das Krematorium wird dann sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag in Betrieb sein. Auch an Heiligabend und Silvester. „Ich habe mit meinem Team schon Anfang November darüber gesprochen, dass die geplanten Feiertage vermutlich ausfallen werden“, sagt Engmann. Er muss von drei Mitarbeitern pro Schicht auf zwei umstellen, um das personell stemmen zu können. „Die Arbeitsbelastung wird größer.“ Und das gilt vermutlich für alle knapp über 20 Krematorien in Bayern.

Auch andere Regionen bereiten sich auf die steigende Zahl von Corona-Toten vor. Der Landkreis Miesbach hat vorsorglich bereits eine Leichensammelstelle eingerichtet. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagt eine Sprecherin des Landratsamtes. Diese Leichensammelstelle gab es dort bereits während der letzten drei Wellen, gebraucht wurde sie noch nie.

Hintergrund ist, dass das Krankenhaus Agatharied nur sechs Tote gleichzeitig kühlen kann. Diese Kapazität hat das Klinikum zwar bereits ausgebaut, an Wochenenden oder Feiertagen könnten die Kapazitäten aber trotzdem eng werden. Einige Städte haben eigene Kühlraum-Kapazitäten, erklärt Ralf Michal vom Bayerischen Bestatterverband. Sie können hohe Todeszahlen leichter abfangen. „Die Standesämter sind allerdings die Archillesferse“, erklärt Ralf Michal vom Bayerischen Bestatterverband. Sie müssen die Toten für die Bestattungen freigeben. Sollten sie über die Feiertage nicht arbeiten, könnten Leichensammelstellen wie die in Miesbach sehr wichtig werden.

Grundsätzlich seien die Bestatter aber gut vorbereitet auf die Situation in diesem Winter, erklärt Michal. „Wir haben gerade mehr Tote – aber nicht nur corona-bedingt, sondern auch durch die Jahreszeit.“ Je nach Region sei die Zahl der Bestattungen um fünf bis 30 Prozent gestiegen. Die Bestatter hätten aber aus den drei letzten Wellen gelernt. „Die Lager sind aufgestockt, es gibt genug Schutzmaterial.“ Die Situation im vergangenen Winter sei nicht vergleichbar gewesen. Damals war noch nicht klar, dass Tote das Virus nicht weiterübertragen können, außerdem waren Bestatter bei den Impfungen nicht priorisiert. „Wir sind im vergangenen Winter mit dem Problem allein gelassen worden“, sagt Michal.

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