München/Berlin – Doppelt geimpft oder genesen reicht im Bundestag nicht mehr aus: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) setzte am Mittwoch eine neue Allgemeinverfügung mit 2G-plus-Regeln in Kraft. „Angesichts der Infektionsgefahren durch die hochansteckende Omikron-Variante“ gilt für die 736 Bundestagsabgeordneten und ihre Mitarbeiter nun: Wer nur doppelt geimpft oder genesen ist, benötigt zusätzlich einen negativen Antigen-Schnelltest für den Zutritt zum Plenarsaal und den Ausschusssitzungen. Zusätzlich gilt ab sofort FFP2-Maskenpflicht. Abgeordnete, die ungeimpft sind, müssen auf die Tribüne – können allerdings von dort aus reden und abstimmen. Ein Abgeordneter aber, der ungeimpft ist und auch noch den Test verweigert, hat nach den neuen Bestimmungen kein Zutrittsrecht zum Parlament. Die AfD hat schon angekündigt, dagegen zu klagen.
Ist die strenge Neuregelung ein Vorbild für die Kommunalparlamente in Bayern? Wohl eher nicht, wie eine Anfrage unserer Zeitung im Innenministerium ergab. Eine 2G- oder 2G-plus-Regel im Kreistag, Stadt- oder Gemeinderat würde die Mandatsausübung „unverhältnismäßig einschränken“, erklärte eine Sprecherin. Es sei „zu berücksichtigen, dass die Kommunalgesetze nicht nur ein Teilnahmerecht, sondern auch eine Teilnahmepflicht für Gremienmitglieder vorsehen“.
Das kommunale Mandat ist also ein hohes Gut. Trotzdem sorgte die konkrete Auslegung der Corona-Regeln schon öfter für Streit. In Olching (Kreis Fürstenfeldbruck) etwa wurde eine ungeimpfte ÖDP-Stadträtin einmal kurzerhand von der Sitzung ausgeschlossen, weil sie keinen Test vorlegte. In Lichtenfels/Oberfranken gab es im vergangenen Jahr sogar Tumulte – eine AfD-Stadträtin hatte sich geweigert, die 3G-Regel zu beachten, ihre Anhänger legten kurze Zeit die Stadtratssitzung lahm.
Tatsächlich wurden in wohl allen der 2056 Kommunen in Bayern die Corona-Regeln seit Beginn der Pandemie mehrmals nachgeschärft. Für Sitzungen kommunaler Gremien greift auch die bayerische Infektionsschutzverordnung nicht, Bürgermeister oder Gemeinderäte müssen ihr Corona-Regelwerk in der Geschäftsordnung selbst festlegen. Ein gewisser Wildwuchs ist die Folge. Manche Kommunen verlegten ihre Sitzungen in Turnhallen, andere blieben im Rathaus, wiederum andere (etwa Wolfratshausen) beraumen Ausschüsse im Rathaus, Stadtratssitzungen in größeren Hallen an. Gemeinden wie Gmund am Tegernsee erproben virtuelle Sitzungen, teils im Hybrid-Format – das heißt, Gemeinderäte können entweder live kommen oder aber zu Hause am Bildschirm an der Sitzung teilnehmen. „Bei Präsenzteilnahme gilt nach meinen Beobachtungen in den meisten Gemeinderäten eine 3G-Regel“, sagt Kommunalrechts-Experte Andreas Gaß vom Bayerischen Gemeindetag. Rechtsfest, sagt Gaß, seien neben 3G (auch für Besucher im Rathaus) nur die FFP2-Maskenpflicht und die Testpflicht – Letzteres mit der Einschränkung, dass die Kommune die Kosten für PCR-Tests übernehmen muss.
Der Präsident des Bayerischen Gemeindetags und Bürgermeister im niederbayerischen Abensberg, Uwe Brandl (CSU), hat in seinem Stadtrat 3G plus verfügt. „Es reicht ein Selbsttest mit schriftlichem Nachweis“, sagt er. 2G plus hält er wie das Innenministerium „für unverhältnismäßig“. Es wäre in seinem Ort auch nicht nötig – alle Stadträte sind geimpft.