Berchtesgaden – Ein 39-jähriger Tourengeher aus dem Münchner Umland ist am Dienstagnachmittag bei einem Lawinenunglück im Berchtesgadener Land ums Leben gekommen. Er war mit einem 54-jährigen Begleiter auf der Hocheisspitze unterwegs. Etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels löste einer der beiden Männer ein Schneebrett aus. Der 54-Jährige, der etwa 20 Meter weiter vorne gegangen war, wurde wie durch ein Wunder nicht von der Lawine erfasst. Der 39-Jährige wurde von den Schneemassen über 400 Höhenmeter mitgerissen. Sein Begleiter setzte sofort einen Notruf ab und versuchte, in den Bereich des Lawinenkegels zu gelangen, um dort mit der Suche per LVS-Gerät zu beginnen. Die Lawine war so groß, dass er im oberen Bereich keine Signale hatte.
Einsatzkräfte der Bergwacht waren schnell am Unglücksort. Auch Kräfte der Alpinen Einsatzgruppe der Polizei kamen zur Hilfe, sie hatten sich gerade bei einer Hubschrauberübung in der Nähe befunden. Nach etwa 40 Minuten hatten sie den 39-Jährigen gefunden – doch jede Hilfe kam für ihn zu spät, der Notarzt konnte nur noch seinen Tod feststellen.
Der bayerische Lawinendienst hatte für Dienstag mäßige Lawinengefahr gemeldet – Stufe 2 von 5. Bei der Tour auf die Hocheisspitze handelt es sich aber um eine steile und sehr anspruchsvolle Tour – sie erfordert absolut sichere Lawinenverhältnisse. „Einheimische machen diese Tour in der Regel erst im Spätwinter oder im Frühjahr, wenn sich der Schnee verfestigt hat“, erklärt Markus Leitner von der Bergwacht Berchtesgaden. Außerdem sei es ratsam, zu einer Skitour auf die 2523 Meter hohe Hocheisspitze früh morgens aufzubrechen und mittags wieder unten zu sein. „Gerade nicht ortskundige Skitourengeher sollten sich nicht nur auf den landesweiten Lawinenwarndienst verlassen, sondern sich auch mit den Verhältnissen vor Ort befassen, um das Risiko gut einschätzen zu können“, rät er. Leitner und seine Kollegen der Bergwacht bemerken, dass seit Beginn der Pandemie deutlich mehr Skitourengeher unterwegs sind. Nicht alle sind erfahren. Er appelliert an die Eigenverantwortung aller Tourengeher und rät gerade denen, die noch nicht viele Touren gemacht haben, sich gründlich vor Ort zu informieren und sich die erforderliche Notfallausrüstung zusammenzustellen. „Bei einer Skitour ist man im Unglücksfall immer erst mal auf sich allein gestellt – bis Einsatzkräfte vor Ort sind, hängt alles von den Kameraden ab.“
Im Fall am Dienstag waren die Helfer sehr schnell vor Ort – und kamen trotzdem zu spät. Der 54-jährige Begleiter habe sich aber richtig verhalten, sagt Leitner. Es wäre für ihn sehr gefährlich gewesen, in dem steilen, hochalpinen Gelände abzufahren, um schneller bei seinem Kameraden zu sein. KATRIN WOITSCH