München – „Weihnachten um ein Mückenschritt, Silvester um ein Hahnentritt, Dreikönig um ein Hirschensprung und Lichtmess um ein ganze Stund.“ Diese Bauernregel beschreibt anschaulich, warum der heutige Tag Mariä Lichtmess so lang ersehnt ist bei vielen Menschen: 40 Tage nach Weihnachten werden die Tage endlich wieder länger, die Winterdepression neigt sich dem Ende.
Die Menschen können ein wenig aufatmen – und hoffen inständig, dass mit dem ersehnten Frühling endlich eine Entspannung in der Corona-Pandemie spürbar wird. Eine zweite Bauernregeln lässt heuer angesichts des aktuellen Wintereinbruchs umso mehr hoffen. Heißt sie doch: „Wenn es an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.“
Lichtmess ist aber auch ein in Vergessenheit geratener Festtag, wie Daniela Sandner vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege erläutert. In sehr katholischen Familien und in vielen Kirchen werde zwar nach wie vor erst am 2. Februar die Krippe abgebaut, weil nach alter Tradition 40 Tage nach dem Weihnachtsfest die Weihnachtszeit endete. „Aber ich glaube nicht, dass das noch so verbreitet ist. Man merkt auch grundsätzlich eine Verschiebung der Weihnachtszeit. Die Leute stellen viel früher den Christbaum auf und schmücken ihn aber auch schneller wieder ab.“
Noch vor einigen Jahrzehnten hat man laut Sandner den Christbaum erst am Heiligabend aufgestellt und bis Lichtmess stehen lassen. Corona hat es dann noch befördert, dass die Menschen ihre Wohnungen ganz zeitig im Advent weihnachtlich hergerichtet haben. Die Volkskundlerin erklärt sich das damit, dass die Menschen jetzt sehr viel mehr Zeit in ihren eigenen vier Wänden zubringen und mit dem weihnachtlichen Schmuck einfach die Seele beruhigt haben: „Brauch kommt von Brauchen. Die Menschen benötigen Fixpunkte oder rituelle Handlungen. Und wenn es nur ganz kleine Praktiken sind. Corona wird das Brauchtum ganz sicher noch einmal ändern.“
Mariä Lichtmess hieß bis 1969 in der katholischen Kirche auch Mariä Reinigung. Diese Bezeichnung knüpft an den Bericht des Lukas-Evangeliums an, nach dem Maria 40 Tage nach der Geburt Jesu ein Reinigungsopfer darbrachte, wie es das jüdische Gesetz vorschrieb. Beim Evangelisten Lukas ist nachzulesen, dass sich Joseph und Maria in den Tempel begaben, um Jesus auszulösen, der als Erstgeborener Gott gehörte. Von daher kommt auch ein weiterer Name des Festes, der sich seit 1969 im katholischen Feiertagskalender findet: „Darstellung des Herrn“. Aus dem Marienfest ist ein Christusfest geworden.
Wie das Lukas-Evangelium berichtet, begegneten Maria und Joseph im Tempel dem greisen Simeon und der Prophetin Hannah. Der Alte stimmte ein Loblied auf das Kind an und pries es als Messias und als ein Licht, das die Völker erleuchtet, so wird am 2. Februar in den Gottesdiensten vorgelesen. Am kirchlichen Fest Mariä Lichtmess werden daher auch die für das ganze Jahr in den Kirchen und Familien benötigten Kerzen geweiht. Seit der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils 1969 endet offiziell die Weihnachtszeit in der katholischen Kirche liturgisch am 6. Januar.
Bis zum Zweiten Weltkrieg hatten sich auf dem Land rund um Mariä Lichtmess abergläubische Bräuche gehalten. Am Feiertag durfte nicht geflickt oder gestrickt werden – man glaubte, das bringe Unglück, erzählt Daniela Sandner. Dem Wachs von den Kerzen sei eine besondere Kraft zugesprochen worden: „Es galt als segensreich und wurde manchmal sogar ins Brot mit eingebacken.“ Dieses Brot wurde an die Tiere verfüttert, die dann geschützt waren vor Krankheit. Mit der fortschreitenden Technisierung der Landwirtschaft sei das aber deutlich zurückgegangen.
Kulturgeschichtlich interessant ist für die Volkskundlerin die Bedeutung von Lichtmess im ländlichen Wirtschaftsjahr. „An Lichtmess war früher der Dienstboten-Wechsel.“ Man habe nur zu einem Datum im Jahr kündigen dürfen – und dann auch den kompletten Jahreslohn und Kleidungsstücke erhalten. Monatslohn gab es nicht, auch keinen Urlaub. Nur zu Lichtmess hatten die Dienstboten einige Tage frei. Bis Agatha (5. Februar) war Nichtstun erlaubt. Dass in der „Schlenklweil“ Knechte ihr gesamtes Jahressalär durchbrachten, ist vielfach überliefert.