Aufarbeitung beginnt

von Redaktion

München – Der Sozialausschuss des Landtags hat sich gestern einstimmig für eine Aufarbeitung der Schicksale von Verschickungskindern in Bayern ausgesprochen. Deutschlandweit wurden zwischen 1950 und 1990 bis zu zwölf Millionen Kinder auf Kur in Erholungsheime geschickt, davon wurden viele psychisch und physisch misshandelt. Ein Viertel der Heime befand sich in Bayern. Den Antrag, die Fälle aufzuarbeiten, hatten CSU und Freie Wähler gestellt.

Die Notwendigkeit der Aufarbeitung stellte im Ausschuss niemand infrage. Unverständnis gab es aber, weil die SPD nahezu den selben Antrag im Februar 2021 gestellt hatte – damals hatten ihn die Regierungsparteien abgelehnt und auf die Aufarbeitung auf Bundesebene verwiesen. „Besser spät als nie“, kommentierte die Ausschussvorsitzende Doris Rauscher (SPD) diese Kehrtwende. Auch Johannes Becher (Grüne) äußerte sich kritisch. „Wir haben wertvolle Zeit verloren.“ Rauscher sprach sich erneut dafür auf, die Vorfälle nicht nur wissenschaftlich zu untersuchen, sondern den Betroffenen auch Beratungs- und Unterstützungsangebote zu bieten.

Andere Bundesländer sind in dieser Hinsicht deutlich weiter als Bayern. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gibt es längst umfangreiche Untersuchungen. „Dort haben sich alle Parteien für die Aufklärung eingesetzt“, berichtet Sabine Zeis von der bundesweiten Initiative Verschickungskinder. „Dieses Parteiengezänk in Bayern ist ein Jammer und der Sache wirklich nicht dienlich.“ Der Sozialausschuss wird nun die Staatsregierung auffordern, eine Untersuchung der Fälle in Auftrag zu geben. kwo

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