München – Das Wetter war ähnlich ungemütlich wie in diesen Tagen, als vor drei Jahren die Menschen vor Bayerns Rathäusern Schlange standen. Am Ende hatten mehr als 1,7 Millionen Bürger das Volksbegehren für mehr Artenvielfalt unterschrieben – und die Staatsregierung zu einer Reform des Bayerischen Naturschutzgesetzes gezwungen. Drei Jahre später zieht das Bienen-Bündnis von damals aus ÖDP, Grünen, Landesbund für Vogelschutz und der Gregor-Louisoder-Umweltstiftung eine kritische Bilanz. Vor allem in einem Punkt ist der Unmut über die Arbeit der Staatsregierung groß.
Seit der Annahme des Volksbegehrens durch den Landtag steht ein neues Ziel im Naturschutzgesetz: Bis 2030 sollen 30 Prozent aller landwirtschaftlich genutzten Flächen in Bayern nach den Grundsätzen des Ökolandbaus bewirtschaftet werden. Zwischenziel: 20 Prozent bis zum Jahr 2025. Diese angestrebte Quote fand Nachahmer: Im Koalitionsvertrag der Berliner Ampel ist dasselbe Ziel formuliert. Da ist Bayern längst auf dem Weg, hieß es daraufhin aus der Staatsregierung. Nur: Der Weg ist noch ziemlich weit.
Aktuell liegt Bayern bei einem Öko-Anteil von 12,6 Prozent. „Wenn wir so weitermachen, werden wir das Ziel krachend verfehlen“, sagt Agnes Becker von der ÖDP. „Ich habe nicht den Eindruck, dass Agrarministerin Michaela Kaniber hinter diesem Ziel steht.“
Hubert Heigl, Vorsitzender der Landesvereinigung für Ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ), fordert mehr Unterstützung für Betriebe, die eine Umstellung auf Bio erwägen. „Wir müssen die Umstellungsgeschwindigkeit verdoppeln, wenn wir das Ziel erreichen wollen.“ Die Nachfrage sei da, das zeige der Markt. Aber das Betriebswachstum hinke hinterher. „Das ist eine vertane Chance.“ Von der Politik wünscht er sich ein stärkeres Bekenntnis zum Ökolandbau, praktikablere Regeln beim bayerischen Bio-Siegel und eine höhere Quote von regionalen Bio-Lebensmitteln in staatlichen Kantinen. Aber auch bei der EU-Agrarförderung dürften die Bio-Bauern nicht benachteiligt werden. „Ich habe den Eindruck, die Staatsregierung scheut hier das Bekenntnis zu Öko, weil sie sich bei den konventionellen Bauern nicht unbeliebt machen will.“
Agrarministerin Kaniber betonte, sie finde es schade, dass offenbar ignoriert werde, welche Fortschritte Bayern schon gemacht habe. Jeder dritte Öko-Betrieb Deutschlands wirtschafte in Bayern. Mit Blick auf das 30-Prozent-Ziel sei sie zuversichtlich. Aber: „Bio lässt sich nicht verordnen. Wir müssen dafür sorgen, dass die erzeugte Ökoware auch Abnehmer findet.“ In den staatlichen Kantinen leiste Bayern seinen Beitrag, allerdings hätten während der Pandemie viele Kantinen den Regelbetrieb einschränken müssen.
Doch nicht nur bei der Öko-Quote sieht das Bienen-Bündnis Probleme bei der Umsetzung des Volksbegehrens. Beim angekündigten Biotopverbund fehle nach wie vor eine solide Datenbasis. Dafür zeigten sich die Naturschützer zufrieden mit dem jüngst geschlossenen Streuobstpakt.
Der Bayerische Bauernverband (BBV) kritisierte, dass die Hauptlast der neuen Regelungen aus dem Volksbegehren nach wie vor die Bauern alleine tragen. „Bis heute fehlen verpflichtende Auflagen für Gesellschaft, Kommunen, Wirtschaft und Kirche“, sagte BBV-Umweltpräsident Stefan Köhler. Und auch der Flächenverbrauch steige weiter kräftig an. Hier brauche es endlich konkrete Maßnahmen der Landespolitik.