Pflegekraft-Suche mit bürokratischen Hürden

von Redaktion

AWO-Chef appelliert an Gesundheitsminister – und ist enttäuscht von Holetscheks Antwort

München – Hans Kopp hatte gehofft, dass er der bayerischen Bürokratie mit einem Brief einen kleinen Anschubser verpassen könnte. Seit er Post aus dem Gesundheitsministerium bekommen hat, ist er desillusioniert. „Ich hatte mehr erwartet“, sagt der Geschäftsführer der Münchner Arbeiterwohlfahrt.

Kopp war nach Vermittlungshilfe des früheren Landtagsvizepräsidenten Franz Maget im Herbst nach Tunesien gereist, um neue Pflegekräfte für die AWO-Einrichtungen anzuwerben. 13 Kandidaten hat er gefunden, alle besitzen einen Bachelor-Abschluss an einer tunesischen Uni und Praxis-Erfahrung. Sie sprechen Deutsch auf B1-Niveau und sind mindestens zweimal gegen Corona geimpft. Kopp stellte die Arbeitsverträge aus. Nach ihrer Ankunft in Deutschland hätten die jungen Menschen berufsbegleitend weitere Sprachkurse machen sollen. Der Plan war, dass sie als Pflegehelfer in den Heimen anfangen und sich dann vor Ort hocharbeiten können. Eines hatte Kopp aber nicht einkalkuliert: die Bürokratie. Bisher haben nur zwei seiner 13 Kandidaten ein Einreisevisum bekommen.

Denn die Sache ist nicht so einfach, wie der AWO-Chef gehofft hatte. Das größte Problem ist die sehr langwierige Gleichwertigkeitsprüfung. In Nürnberg ist zwar extra eine zentrale Stelle für beschleunigte Fachkräfteverfahren entstanden. Dort werden allerdings nur die ausländerrechtlichen Unterlagen geprüft, die fachlich-inhaltliche Prüfung übernimmt die Interessenvertretung der Pflegenden in Bayern. Auf das Ergebnis warten Kopp und die Tunesier seit fünf Monaten. Andere Bundesländer sind viel schneller. Das spreche sich inzwischen auch bei ausländischen Fachkräften herum, berichtet er. Die beiden Tunesier, die bereits einreisen durften, hatten ihr Visum über andere Bundesländer bekommen. „Bayern könnte für Fachkräfte aus dem Ausland unattraktiv werden“, fürchtet Kopp.

Er kann nicht nachvollziehen, warum nichts vorangeht. „Die Menschen sind medizinisch gut aufgestellt, haben einen anerkannten Uni-Abschluss und einen Arbeitsvertrag“, betont er. „Für ein Einreisevisum müsste das doch reichen.“ Die Pflegehelfer würden besonders jetzt, in der Omikron-Welle, dringend gebraucht. Also hat Kopp vor einigen Wochen Briefe geschickt. An das Innen- und das Gesundheitsministerium. Er appellierte an beide Minister, ihren Einfluss zu nutzen, um die Einreise für Fachkräfte zu erleichtern. Vor ein paar Tagen kam die Antwort von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Er weist darauf hin, dass sich die Berufsqualifikationen ausländischer Fachkräfte oft grundlegend von der deutschen Ausbildung unterscheiden würden. Deshalb sei die Gleichwertigkeitsprüfung so wichtig. Als Möglichkeit räumt Holetschek ein, dass die ausländischen Fachkräfte bei Antragstellung auf diese vertiefte Prüfung verzichten können. Dann werde eine Kenntnisprüfung durchgeführt. Wer dabei zweimal durchfällt, hat aber keine Chance mehr auf Anerkennung. Kopp hält das für keine gute Lösung. „Das verlagert das Risiko über Gebühr auf den Bewerber und bringt noch mehr Stress in das anspruchsvolle Anerkennungsverfahren.“ Die Bewerber seien mit etlichen Formularen konfrontiert. „Ohne Unterstützung ist das für sie gar nicht zu bewältigen.“ Kopp hatte gehofft, dass sein Brief anstoßen könnte, beim Personal aufzustocken, um die Prüfungen zu beschleunigen. Holetscheks Auskunft findet er sehr unbefriedigend.

Nun bleibt ihm nur, zu hoffen, dass seine Kandidaten nicht abspringen, bis sie das Visum bekommen. Die Mühe, die er sich mit dem Anwerben gemacht hat, hat Kopp trotz bürokratischer Hürden nicht bereut. Er ist überzeugt: „Dieser Weg ist zukunftsfähig.“ Und wohl die einzige Chance, die Personalsituation in vielen Einrichten zeitnah zu verbessern. KATRIN WOITSCH

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