Unfallträchtiger Roller-Spaß

von Redaktion

VON CORNELIA SCHRAMM

München – Wer Mofa fahren will, braucht einen Führerschein. Für den Elektroroller braucht es nur ein Mobiltelefon und eine Kreditkarte. Sobald man sich in der App angemeldet hat und auf den Roller steigt, zählt die Zeit – so wird abgerechnet. Besonders in Städten wie München oder Augsburg sind die Roller beliebt, weil man schnell und günstig von A nach B kommt. Ein urbanes Mobilitätskonzept mit Zukunft? Da war sich das Bundesverkehrsministerium sicher, als es die Elektrokleinstfahrzeuge 2019 auf deutschen Straßen erlaubte. Inzwischen sind über 180 000 unterwegs, fallen aber in Unfallstatistiken ins Gewicht.

Für das Jahr 2020 meldete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nun 1150 Unfälle mit E-Scootern – eine ähnlich hohe Schadensbilanz wie bei Mofas und Mopeds. Billig waren die außerdem nicht: „Die Haftpflichtversicherer zahlten durchschnittlich für jeden rund 3850 Euro“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer der GDV. Das Bundesamt für Statistik meldete im März 2021 noch umfassendere Zahlen: 2020 gab es insgesamt 2155 Unfälle, bei denen fünf Menschen starben, 386 schwer und 1907 leicht verletzt wurden. 334 dieser Unfälle passierten in Bayern. Die häufigste Ursache bei über 18 Prozent: Alkohol. Zum Vergleich: bei Fahrradfahrern waren es nur sieben Prozent.

Dabei gibt es ein deutliches Stadt-Land-Gefälle. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd registrierte nur vereinzelt E-Scooter-Unfälle und sieht sie als „Großstadt-Phänomen“. Die Polizei München kontrolliert die Roller-Fahrer in der Innenstadt inzwischen verstärkt. „2021 haben die Unfälle mit einer Beteiligung von E-Scootern deutlich zugenommen“, sagt Michael Marienwald, Sprecher des Polizeipräsidiums München. „Gerade junge Leute sehen E-Scooter oft als Spielzeug. Aber es sind Kraftfahrzeuge – und die dürfen nicht auf Gehwegen oder gar alkoholisiert gefahren werden.“ Das sind auch die Verstöße, die Beamte am häufigsten feststellen. „Bei der Mehrzahl der Unfälle gab es Verletzte, was erschreckend ist“, sagt Marienwald. „Daher appellieren wir, die Roller nicht zu unterschätzen.“ 11 000 E-Scooter gibt es derzeit in München. Verliehen werden sie von sechs Anbietern. „Viele leihen den Roller nur, haben aber geringe Fahrpraxis“, sagt Marienwald. Er empfiehlt, einen Helm zu tragen.

Auch abseits von Unfällen sorgen die E-Scooter in Städten wie München und Augsburg für Ärger. „Die Situation ist nicht zufriedenstellend“, teilt das Münchner Mobilitätsreferat mit. Roller würden immer wieder „mangelhaft“ abgestellt. Auf Gehwegen, in Parks oder auch an Gewässern – oft müssen die Anbieter oder die Feuerwehr die Roller aus Weihern oder der Isar bergen. Das berichtet das Polizeipräsidium Schwaben Nord von Augsburg auch.

„Pilotweise wurden 30 Abstellflächen für E-Tretroller eingerichtet“, so das Münchner Mobilitätsreferat mit. Die Anbieter wären aufgefordert, das Abstellen der Roller auf bestimmten Flächen etwa durch Rabatte attraktiver zu machen. Stadt und Anbieter wollen „Geofencing“, Grenzen in den Apps, vorantreiben. Dann können die Roller an bestimmten Orten, etwa in der Altstadt, wo viele Fußgänger unterwegs sind, nicht mehr abgestellt werden.

Fürstenfeldbruck ist einen Schritt weiter. „Seit Juni 2021 gibt es bei uns in Fürstenfeldbruck, Olching, Germering und Puchheim insgesamt 140 E-Scooter“, sagt Martin Imkeller vom Landratsamt. Vorab wurde mit dem Anbieter vereinbart, dass auf 100 Quadratmetern nur drei Roller abgestellt werden können. Auch Parkverbotszonen wurden vorab ausgewiesen.

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