Özdemir will Klarheit an der Kasse

von Redaktion

VON DOMINIK GÖTTLER

München/Brüssel – Woher kommen die Lebensmittel im Supermarkt? Wer darauf beim Griff ins Regal eine Antwort möchte, bekommt sie nur bei manchen Produkten sofort. Bei frischem Obst und Gemüse zum Beispiel ist die Angabe des Ursprungslandes in der Regel Pflicht. Doch sobald das Obst aufgeschnitten verkauft wird, sieht es schon anders aus. Dann muss nicht mehr angegeben werden, woher die Ware stammt. Ganz ähnlich ist das beim Fleisch. Bei frischem Rindfleisch sind die Angaben Pflicht – ist das Steak aber mariniert, dann schon nicht mehr. Wer bewusst regional einkaufen möchte, hat es da schwer.

Hier soll sich nun etwas ändern. Deutschland und Österreich machen Druck für den Ausbau einer verpflichtenden Herkunfts-Kennzeichnung für Lebensmittel auf dem EU-Markt. Gestern brachten die beiden Länder ihr Anliegen bei der Sitzung der EU-Agrarminister vor. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums unterstützen zwölf weitere Mitgliedsstaaten die Initiative. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte vor der Sitzung: „Die Verbraucher müssen wissen, wo die Produkte herkommen.“ Und für die Landwirte sei es ein Beitrag zur Existenzsicherung, wenn regionale Versorgungsketten gestärkt würden. Nicht zuletzt lege eine Herkunfts-Kennzeichnung Transportwege offen und sei damit ein Baustein für klimagerechten Konsum.

Deutschland und Österreich fordern die EU-Kommission dazu auf, zügig einen Vorschlag für eine solche Herkunfts-Kennzeichnung vorzulegen. Angekündigt wurde das bereits im Zuge der sogenannten „Farm to Fork“-Strategie der Kommission für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Demnach könnten künftig auch bei Milch und Milchprodukten oder bei verarbeiteten Fleischprodukten die Angaben zur Herkunft der Produkte zur Pflicht werden.

Bislang hatten Handel und Verarbeiter immer wieder darauf hingewiesen, dass solche Angaben zu teuer und schwer zu realisieren seien. Verbraucherschützer halten dieses Argument für vorgeschoben. „Die Schweiz zeigt uns beispielsweise, dass eine Herkunfts-Kennzeichnung möglich ist“, sagt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. Aus ihrer Sicht wäre es ein Gewinn für Landwirte und Verbraucher, wenn die Hersteller hier zu mehr Transparenz verpflichtet würden.

Erst kürzlich hat die Verbraucherzentrale Bayern stichprobenartig Tiefkühlprodukte untersucht (Erdbeeren, Erbsen und Fertiggerichte mit Hähnchenfleisch). Bei zwei Drittel aller untersuchten Produkte wurde nicht angegeben, woher die Zutaten stammten. Die Nachfragen ergaben: Während die Erbsen größtenteils aus Deutschland und den Nachbarländern kamen, stammten die Erdbeeren aus Marokko, der Türkei, Polen, Bulgarien und Ägypten. Und das tiefgekühlte Hähnchenfleisch kam vorrangig aus Thailand und Brasilien. „Unter welchen Bedingungen die Tiere dort gehalten werden, weiß der Verbraucher beim Kauf natürlich nicht“, sagt Krehl.

Auch der Bayerische Bauernverband fordert eine einheitliche Herkunfts-Kennzeichnung für den gesamten EU-Raum. Der derzeitige Flickenteppich sei nicht akzeptabel. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass der Verbraucher beim Einkauf die höheren Haltungsbedingungen der heimischen Landwirte auch honoriert. Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale ist zuversichtlich, dass das funktionieren kann. „Die Eier beweisen, dass es klappen kann.“ Seit für Eier eine Herkunfts- und Haltungs-Kennzeichnungspflicht gilt, wachse der Anteil von Eiern aus Bio- und Freilandhaltung stetig. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb, dass künftig bei jedem Lebensmittel das Ursprungsland erkennbar sein soll. Und bei verarbeiteten Produkten müsse zumindest die Herkunft der wichtigsten Zutat angegeben sein.

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