Klima-Aktivisten droht harte Strafe

von Redaktion

VON DIRK WALTER UND NINA BAUTZ

München – Sie nennen sich „letzte Generation“ und haben am Mittwoch wahrscheinlich nicht das Klima gerettet – wohl aber einen Lkw-Stau verursacht. Acht Aktivisten blockierten gestern ab 7.30 Uhr zwei Zufahrten zum Flughafen-Frachtterminal, ähnliche Aktionen gab es an den Flughäfen Berlin und Frankfurt. Es war bereits die zweite derartige Aktion der Aktivisten von „Aufstand der letzten Generation“. Am Dienstag hatten sie den Frankenschnellweg bei Nürnberg blockiert (wir berichteten). Als „letzte Generation“ bezeichnen sich radikale Klima-Aktivisten, die von „Kipppunkten“ im Klimasystem ausgehen. Werden bestimmte Zeitfenster überschritten, so ihre Theorie, „geht die Erde in eine Heißzeit über“. Die Aktivisten malen die Folgen drastisch aus: Extremwetter, Hungerkatastrophen, Verteilungskämpfe ums Essen.

„Die letzte Generation“ ist eine kleine, aber radikale Gruppe, zuerst aufgefallen im vergangenen Jahr mit einem Hungerstreik vor dem Berliner Reichstag. Mit den Jugendlichen von „Fridays for Future“ (FFF) gibt es „keine direkte Verbindung“, wie Sonja Ziegler von FFF München betont. Die Grundanliegen seien ähnlich, aber Aktionen am Rande der Legalität sind von FFF nicht bekannt.

Dass es „Die andere Generation“ ernst meint, hat auch die Polizei gestern morgen gleich gemerkt. Mit Uhu-Sekundenkleber hatten sich acht Aktivisten an der Straße festgepappt. Unter ihnen ist Ernst Hörmann (72) aus Freising, Großvater von acht Enkeln und auch Gegner der dritten Startbahn. „Wir haben nichts gegen die Menschen, die wir blockieren, und auch nichts gegen die Polizei. Wir brauchen einfach Aufmerksamkeit, um die Politik endlich zum Handeln zu bewegen.“ Seit Januar haben er und seine Kollegen immer wieder Straßen blockiert.

Polizisten und Mitarbeiter der Flughafenfeuerwehr setzten Lösungsmittel ein, um die Hände von der Fahrbahn zu bringen. „Meist tut das nicht weh.“ In der Vergangenheit hätten Einsatzkräfte auch schon Skalpelle verwendet, „das kann Verletzungen geben“, erzählt Ernst Hörmann. Um sich vor Erfrierungen zu schützen, legt er oft eine Wärmflasche auf die Hand. Gegen 9.50 Uhr waren beide Fahrbahnen wieder frei. Die acht Personen mussten mit zur Polizei – Personalienfeststellung. Es droht ein Verfahren wegen Nötigung, eventuell auch wegen Gefährdung des Straßenverkehrs. Aber nicht nur das: Jedem Einzelnen droht laut bayerischem Innenministerium ein Kostenbescheid für den Polizeieinsatz in Höhe von bis zu 1500 Euro. Die Politik ist sich aber nicht einig, wie sie solche Aktionen bewerten soll. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte gegenüber der „Zeit“ zunächst Verständnis für „Formen des zivilen Ungehorsams“ gezeigt, dann aber nachgeschoben: „Autobahnen oder auch Flughäfen zu blockieren, ist keine keine Hilfe, es ist falsch.“ Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hält solche Aktionen für falsch – sie seien „Steilvorlagen“ für jene, „die möglichst wenig Klimaschutz wollen“.

Härter formuliert es Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU): „Diese gravierenden Rechtsverstöße werden wir nicht dulden“, erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Die „kompromisslose und radikale Haltung der Straßenblockierer“ sei „absolut inakzeptabel“. Die Äußerungen von Ministerin Lemke kritisiert er als „äußerst kontraproduktiv“, solche Aussagen rüttelten „an den Grundfesten unsers Rechtsstaats“. Nachfolgetaten will Herrmann nicht dulden: „Wir lassen uns in Bayern nicht auf der Nase herumtanzen.“ „Chaoten“ würden „zur Rechenschaft“ gezogen, im Wiederholungsfall in Gewahrsam genommen. „Über künftige Aktionen sagen wir nichts“, sagt Aktivisten-Opa Hörmann. „Aber wir geben nicht auf.“

Artikel 8 von 11