München – An bayerischen Schulen sollen nach Plänen des Kultusministeriums so genannte Willkommensgruppen eingerichtet werden, um geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine das Ankommen zu erleichtern. Der Besuch soll für die Schüler freiwillig sein, damit sollen sie schon vor Beginn der eigentlichen Schulpflicht bestmöglich aufgefangen werden, wie das Ministerium mitteilte. „Wir wollen den vielfach traumatisierten Kindern und Jugendlichen Halt und Stabilität geben und sie keineswegs alleine lassen“, sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).
Es gehe um soziale Begegnungen, außerdem solle das neue Umfeld erkundet und spielerisch Deutsch gelernt werden. In einem zweiten Schritt sollen die Kinder und Jugendlichen in Regelklassen aufgenommen werden. Die Teilnahme an den Willkommensgruppen ist dafür aber keine Voraussetzung. Für Geflüchtete beginnt die Schulpflicht erst drei Monate nach der Ankunft in Bayern.
Das Problem: In Bayern fehlen schon jetzt reihenweise Lehrer, und die Klassen sind voll. Diese Tatsache ist nicht erst seit der Flüchtlingswelle zutage getreten. Bereits im Januar – einen Monat vor Beginn des Ukraine-Krieges – hatte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), mit Blick auf eine neue Studie zum Lehrkräftemangel Untätigkeit vorgeworfen. „Wir sind jetzt schon zu wenige, um den Kindern gerecht werden zu können. Wenn die Politik nicht sofort handelt, billigt sie tatenlos, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern“, sagte die BLLV-Präsidentin damals. Und auch der Kultusminister geht nicht davon aus, dass man mit den jetzigen Kapazitäten auskomme.
Um das Problem mit den Flüchtlingskindern schnell in den Griff zu bekommen, ist für Piazolo denkbar, vor Kurzem pensionierte Lehrkräfte wieder für einige Stunden pro Woche zurück in den Dienst zu holen. Außerdem ruft er die Bevölkerung auf, „gezielt Personen anzusprechen, die für die Übernahme von pädagogischen Angeboten geeignet sind“. Auch aus der Ukraine stammende Lehrkräfte seien willkommen. Anders als Asylbewerber dürfen Kriegsflüchtlinge sofort in Deutschland arbeiten – beispielsweise als Lehrerinnen oder Erzieherinnen.
Die Angebote für die ukrainischen Flüchtlingskinder soll es demnächst möglichst an allen Schularten geben. An welchen und wie vielen Schulen genau, steht aber noch nicht fest. Man werde sie bedarfsorientiert einrichten, hieß es vonseiten des Ministeriums. Simone Fleischmann, sagte, jeder Gedanke von Willkommenskultur sei grundsätzlich richtig. „Umsetzen und realisieren muss das aber die Schule vor Ort“, gab sie zu bedenken. Die brauche finanzielle Ressourcen und Rückendeckung.
In den Schulen müsse man außerdem sehr individuell hinschauen und anbieten, was die einzelnen Kinder überhaupt bräuchten und auch annehmen wollten, sagte Fleischmann.
Die Situation jetzt ist nicht mit der Flüchtlingswelle von 2015 vergleichbar. Damals kamen überwiegend junge Männer aus Syrien nach Deutschland, so das Statistische Bundesamt. Jetzt sind es vor allem Mütter mit Kindern, die hier ankommen. Viele von ihnen sind traumatisiert. Statt um Schule ginge es bei vielen Geflüchteten jetzt um akute Fragen wie: „Wo ist Papa? Ist mein Haus noch da? Und bleiben wir hier?“ Neben Lehrkräften seien deshalb auch Kinderpsychologen notwendig.