Trauer um die Schönheitspäpstin

von Redaktion

Gertraud Gruber ist im Alter von 100 Jahren auf ihrer Beautyfarm in Rottach-Egern gestorben

Rottach-Egern – Es war ein Geniestreich: 1955 gründete die gebürtige Münchnerin Gertraud Gruber in Rottach-Egern (Kreis Miesbach) die erste Schönheitsfarm Europas. Wellness war damals noch ein Fremdwort – aber schon bald fanden viele Damen aus besseren Kreisen Gefallen an dieser Idee. Die Politiker-Gattinnen Loki Schmidt und Liselotte Vogel waren bei ihr zu Gast, genau wie die Kessler-Zwillinge oder die Sängerin Caterina Valente. Vor Kurzem hatte Gruber noch den Bayerischen Verfassungsorden in Gold verliehen bekommen. Nun ist sie mit 100 Jahren friedlich eingeschlafen.

Im Volksmund wurde sie als Schönheitspäpstin vom Tegernsee bezeichnet. Ihre Schönheitsfarm mit 90 Betten, Yoga-Zimmern und Schönheitssalons nannten die Einheimischen schon bald „Jungmühle“ oder „Runzelranch“. Ehemänner haben dort Hausverbot. Gruber ging damals ein großes finanzielles Risiko ein, um ihren Traum zu verwirklichen. Ursprünglich wollte sie Tänzerin werden – doch der Weltkrieg kam dazwischen. Tänzerinnen wurden nicht mehr gebraucht, dafür Gymnastiklehrerinnen und Krankengymnasten. Kurz nach ihrer Heirat mit dem Rottacher Josef Gruber stand sie im Rathaus, um Massage und Gymnastik als Gewerbe anzumelden. Sie machte sich als Kosmetikerin selbstständig. Ihre Cremes rührte sie in einem kleinen Labor an. Aus dem ersten angemieteten Behandlungszimmer wurde bald Europas erste Schönheitsfarm. Bis vor ein paar Jahren hatte sie dort noch selbst Yoga-Kurse gegeben. Ihre Philosophie hat sie an viele Frauen weitergegeben. „Frauen neigen dazu, jedes Körperteil einzeln zu kritisieren“, betonte sie oft. „So ein Unfug. Wir sollten liebevoll und achtsam mit unserem Körper umgehen, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.“

Gertraud Gruber scheint ihren Ratschlag immer gelebt zu haben. Sie wäre bald 101 geworden. Am Sonntagnachmittag standen mehr als 100 Mitarbeiter in Hochachtung und tiefer Trauer Spalier, als Gertraud Gruber aus ihrer Schönheitsfarm getragen wurde – dort hatten sich auch ihre privaten Räume befunden. „Sie war Vorbild und Inspiration für alle Frauen“, sagte Landtagspräsidentin Ilse Aigner über sie. „Sie hat uns gezeigt, dass es sich immer lohnt, für seine Träume und Ziele zu kämpfen.“ mm/ak

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