München – Die CSU-Fraktion steuert auf eine Machtprobe um ihren Chef zu. Nach der öffentlichen Kritik an der Amtsführung von Thomas Kreuzer soll es am Mittwoch eine Aussprache geben. Kreuzer plane nicht, sein Amt zur Verfügung zu stellen, heißt es aus der CSU-Führung. Gewählt sei er bis Herbst 2023. Mehrere führende Parlamentarier stellten sich hinter ihn.
Als schärfster öffentlicher Kritiker tritt Ernst Weidenbusch (Landkreis München) auf. Er fordert ultimativ Kreuzers Rückzug binnen sechs Wochen. Die nächste Fraktionsklausur müsse schon ein neuer Vorsitzender vorbereiten, bekräftigte Weidenbusch gegenüber unserer Zeitung. Man wolle an Ministerpräsident Markus Söder festhalten, betont er, brauche aber dringend einen neuen Fraktionschef.
Bisher stimmen in seine Kritik wenige Abgeordnete laut ein; der Franke Jürgen Baumgärtner wurde im „BR“ ähnlich zitiert. In den nichtöffentlichen Chatgruppen unter Abgeordneten melden sich ebenso Kritiker. Die Motive sind stets unterschiedlich – persönlicher Ärger, Frust über die jüngste Kabinettsumbildung, strategische Bedenken bis hin zu dem allgegenwärtigen Unmut, unter Kreuzer habe die Fraktion von Jahr zu Jahr weniger zu melden. Weil der 62-Jährige seit Amtsantritt 2013 selten Widerworte wage; aber auch, weil aus der Mitte der Fraktion kaum Ideen kommen oder gefördert werden.
Reicht der diffuse Kreuzer-Groll für einen schnellen Sturz? Öffentlich schweigt der Vorsitzende, hinter den Kulissen telefoniert er Freund wie Feind ab, wird berichtet. Aus der Fraktion melden sich Abgeordnete, die ihn – unterschiedlich vehement – verteidigen. „Ich halte nichts davon, Führungskräfte, von denen keiner perfekt ist, was nur menschlich ist, öffentlich zu diskreditieren“, sagt Klaus Stöttner (Rosenheim). Es sei „unterirdisch, sich unter Kollegen Ultimaten zu stellen“, sagt Fraktionsvize Tobias Reiß. Kritik müsse intern und fair geäußert werden, Kreuzer sei immer „offen für Wünsche und Anregungen“. Reiß kündigt deutliche Worte an die Kritiker in der Fraktionssitzung an: „Man wird darüber reden müssen am Mittwoch.“
Ob das ein Scherbengericht wird, hängt auch an Söder. Der Regierungschef äußert sich öffentlich bisher nicht zu Kreuzer, kennt aber dessen Stärken und Schwächen. Für Söder war es zuletzt recht angenehm, bei allen inhaltlichen Entscheidungen zu Corona die Rückendeckung des Schwaben zu haben. Die jüngste Kabinettsumbildung klärten beide weitgehend einvernehmlich untereinander. Der Preis dafür: Söder tastete Kreuzers Posten nicht an.
Deshalb sind nun auch keine klaren Nachfolger in Sicht. Der von Weidenbusch ins Spiel gebrachte Mittelfranke Walter Nussel lehnt höflich, aber bestimmt ab und betont, das sei mit ihm nicht abgesprochen gewesen. Natürlich gebe es mitunter Unzufriedenheit, macht er deutlich, aber fordert die Kollegen auf, Kritik intern zu klären.
Unter den Abgeordneten kursieren noch die Namen der Ex-Kabinettsmitglieder Josef Zellmeier, Winfried Bausback und Kerstin Schreyer. Die Ansichten dazu gehen weit auseinander. Einen aktuellen Minister für die Spitze der Fraktion vorzuschlagen – Georg Eisenreich, Markus Blume, Florian Herrmann – hätte für Söder den Nachteil, wieder sein Kabinett umbilden zu müssen. cd