„Prepper“: Angst vor dem Katastrophenfall

von Redaktion

VON UTE WESSELS

München – Prepper wollen vorbereitet sein, sollte eines Tages die öffentliche Ordnung zusammenbrechen, eine Katastrophe eintreten oder gar die Welt vor dem Untergang stehen. Das Spektrum der Szene ist Experten zufolge weit gefächert. Während die einen Konserven hamstern und auf Überlebenstraining im Wald setzen, stehen andere möglicherweise Rechtsextremen und Reichsbürgern nahe. Nach dem Verdacht eines Anschlages auf die Stromversorgung in Deutschland ist die Prepper-Szene in Bayern in den Fokus gerückt.

Erkenntnisse, wie groß die Szene ist, welche Struktur sie hat und wie sie sich entwickelt, liegen den Behörden nicht vor, wie das Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) mitteilte. Denn vom Verfassungsschutz beobachtet würden Prepper nicht.

Der Begriff „Prepper“ leitet sich vom englischen „to be prepared“ ab, was „vorbereitet sein“ bedeutet. Dem BayLfV zufolge sind das Menschen, „die sich auf ein erhebliches Großschadensereignis bis hin zu einem Untergang der Zivilisation vorbereiten“. Etwa durch das Anlegen von Vorräten, den Bau von Bunkern bis zum Training von Überlebensfähigkeiten.

Mischa Luy forscht an der Ruhr-Universität in Bochum zum Prepper-Phänomen und spricht von einer sehr heterogenen Gruppe. Belastbare Daten gebe es nicht. Die Zahl der Prepper in Deutschland werde auf zwischen 10 000 und 180 000 geschätzt, sagt er und vermutet aber, dass es noch mehr sein dürften.

Die Motivationen der Prepper seien unterschiedlich, etwa Vorsorge und Fürsorge für die Familie und sich selbst, falls es einen flächendeckenden Stromausfall geben sollte. Sie wollen im Ernstfall vorbereitet sein – bis die staatliche Ordnung wieder hergestellt ist.

Bei manchen Preppern herrsche Misstrauen gegenüber Staat, Politikern und Eliten. Ein Teil der Szene neige zu Verschwörungsvorstellungen und habe rechtsextreme, antisemitische und rassistische Tendenzen.

Waffen seien für Prepper ein großes Thema. Viele glaubten, sobald das staatliche Gewaltmonopol geschwächt sei, trete die Menschheit in eine Art Naturzustand ein, sodass es zu Plünderungen kommen und Selbstverteidigung nötig sein werde, erklärt Luy. „Nach dem Motto: Im Katastrophenfall ist sich jeder selbst der Nächste und kann sich jeder nur auf sich selbst verlassen.“ Zur Ausstattung gehörten bei vielen Schusswaffen, Armbrüste oder Elektroschocker.

Das BayLfV konstatiert: „Zumindest Teile der Szene scheinen auch den Umgang und den Besitz von Waffen in diese Vorbereitungen einzubeziehen.“ Weil Prepper nicht dem Beobachtungsauftrag des BayLfV unterliegen, kann die Behörde zu deren politischer Einstellung nach eigenen Angaben keine Aussagen treffen. Von Teilen der rechtsextremistischen Szene in Bayern sei aber bekannt, dass „der Glaube an Untergangsszenarien vorhanden ist oder mit einem nahenden Bürgerkrieg gerechnet wird“. Eine organisatorisch-strukturelle Überschneidung zwischen Preppern und Rechtsextremisten sei im Freistaat zurzeit nicht erkennbar, so das BayLfV.

Sabotage von Stromtrassen in ganz Deutschland sollen jedenfalls die sechs Männer geplant haben, deren Wohnungen Ende März in Neumarkt in der Oberpfalz durchsucht worden waren. Die Polizei stellte etwa 70 Schusswaffen sowie Zehntausende Schuss Munition sicher. Mögliche Kontakte zur Reichsbürgerszene werden laut Polizei geprüft. Ob die Gruppe zur Prepper-Szene gehört, ließ sich noch nicht sagen. Es sei jedenfalls ein größerer Vorrat an Diesel entdeckt worden. Die Ermittlungen in dem Fall dauern einem Sprecher zufolge noch an.

Der Begriff Prepper tauchte erstmals um die Jahrtausendwende auf, als viele Menschen den Zusammenbruch der Computersysteme fürchteten.

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