München – Die 190 bayerischen Volkshochschulen nehmen viele zusätzliche, überwiegend kostenfreie Angebote ins Programm auf. „Die Nachfrage ist enorm“, sagt Regine Sgodda, Vorstand des vhs-Verbandes. Viele Kurse seien sofort ausgebucht. „Gerade für die Menschen in den Notunterkünften ist die schnelle Organisation von tagesstrukturierenden Kursen wichtig.“ Zum Angebot gehören Sprachkurse, aber auch Wegweiser- und Erstorientierungskurse zum Alltag in Deutschland. Sie erleichtern den Geflüchteten – meist sind es Frauen – die ersten Schritte und werden teils sogar auf Ukrainisch abgehalten.
In den Seminaren geht es um Themenbereiche wie Arbeit, Schule, Einkaufen und Orientierung vor Ort, aber auch um deutsche Sitten und Gebräuche. Ein Grundbaustein ist das Modul „Werte und Zusammenleben“, zudem stehen Exkursionen zu Behörden oder auf den Markt auf dem Programm. Diese Seminare können jedoch nur nach der Registrierung belegt werden: „Die Offenheit der Ukrainerinnen ist sehr groß. Einige warten die ersten drei Monate in Deutschland jedoch erst mal ab“, hat Sgodda festgestellt. Im Moment finden die Orientierungskurse bereits an 44 bayerischen vhs statt oder stehen kurz vor dem Start, die Fördermittel hierfür stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereit.
Doch längst nicht alle Angebote würden vom Bund finanziert, der Verband muss für viele Kurse lokale Geldgeber finden. Gelungen ist dies zum Beispiel an der vhs Rupertiwinkel in Freilassing. Sie wird nach den Osterferien zwei kostenfreie Intensiv-Sprachkurse auf Anfängerniveau anbieten. „Viele Geflüchtete können sich bereits sehr gut verständigen“, weiß Sgodda. In der Ukraine sei Deutsch die zweitwichtigste Fremdsprache. Manche müssten allerdings erst in lateinischer Schrift alphabetisiert werden: „Und auch da passen wir sehr gut als vhs.“
Allerdings haben die vhs in den zwei Pandemiejahren durch Schließungen und ihr reduziertes Angebot viele Dozenten verloren. Wenn sich Ukraine-Geflüchtete selbst als Deutschlehrer melden, ist damit nicht nur ein großer Schritt in Sachen Integration getan. An der vhs Herzogenaurach unterrichten bereits ukrainische Lehrkräfte, die erst kurz zuvor selbst geflüchtet waren. „Für uns ist es ein Glücksfall, in dieser dramatischen Situation sogar als Arbeitgeber fungieren zu können“, sagt Sgodda. Ukrainerinnen würden so auch zur Kinderbetreuung eingesetzt.
Der vhs-Verband arbeitet schon an zusätzlichen Kursen, ob zu Gesundheitsthemen oder zu kreativen Angeboten: „Uns ist wichtig, die vhs auch als einen Ort der Ablenkung zu begreifen.“ Obwohl viele Geflüchtete gar nicht so lange bleiben wollen: „Mich hat überrascht, wie viele auf eine baldige Rückkehr hoffen“, gibt Sgodda zu. „Wir schätzen die Lage anders ein, leider.“ Viele vhs suchen weiterhin ehrenamtliche Helfer und bilden sie auch aus. In den Kursen zur interkulturellen Kompetenz werden etwa Offenheit für fremde Sichtweisen und Einfühlungsvermögen geschult. Dies sei besonders auch für Menschen interessant, die im Beruf auf Geflüchtete treffen, etwa in der Verwaltung oder in sozialen Einrichtungen.
„Begegnungslernen ist ein wesentlicher Baustein für Integration“, sagt Sgodda. „Das gilt aber keinesfalls nur für Geflüchtete aus der Ukraine.“ Ihr Verband gibt Ideen an die Landespolitik weiter, damit schnell mehr Geld zur Verfügung gestellt werde.