Peiting/München – Bürgermeister Peter Ostenrieder blutet das Herz, als er die Entscheidung verkünden muss. Das Wellenfreibad in Peiting (Kreis Weilheim-Schongau) muss diesen Sommer geschlossen bleiben. Vergangenes Jahr hatten alle drei Bademeister gekündigt, nur ein neuer hatte sich beworben. Das reicht nicht, um das Bad zu öffnen. Der Stellenmarkt ist wie leer gefegt, berichtet Ostenrieder.
Peiting ist nicht die einzige Kommune in Bayern, die darum kämpft, den Betrieb ihres Schwimmbads aufrechtzuerhalten. „Schon vor Corona waren Bäder für die Gemeinden ein Draufzahlgeschäft“, erklärt Michael Förster, Sprecher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Die Eintrittsgelder und Kiosk-Einnahmen decken nur einen Teil der Betriebskosten. Und die Kassen der Bäder sind leerer als zuvor – nach zwei Corona-Sommern mit strengen Auflagen und rückläufigen Besucherzahlen. Und die Kosten steigen – allein für die Energie. Die Infrastruktur muss instand gehalten werden. Die Mitarbeiter wollen weiter ihren Lohn. Auch wenn der in der Regel nicht üppig ist. „Die Gehälter sind sicher ein Grund, warum jemand nachdenkt, ob er die Ausbildung zum Bademeister machen möchte“, betont Förster. „Und eine Ausbildung wird bei den Berufseinsteigern sowieso nicht so nachgefragt.“
Dazu kommt die hohe Verantwortung, die Bademeister tragen. „Die meiste Zeit stehen sie am Beckenrand und starren aufs Wasser“, sagt der DLRG-Sprecher. „Und trotzdem müssen sie immer hellwach sein.“ Die Sicherheit aller Badegäste stets im Blick haben. Aus der Ruhe heraus in Sekundenschnelle zu reagieren sei eine Herausforderung, die immer weniger junge Menschen auf sich nehmen wollen.
Zumal mehr als jedes zweite öffentliche Bad in Bayern marode ist. „452 von 867 Bädern in Bayern sind sanierungs- oder gar dringend sanierungsbedürftig“, sagte Johannes Becher. Der Fraktionssprecher der Grünen für Kommunale Fragen im Landtag prangert an, dass im Freistaat 1,78 Milliarden Euro zur Sanierung der Bäder fehlen. Becher fordert von der Staatsregierung, den Kommunen bei der Sanierung ihrer Bäder zu helfen.
Sanierte Bäder sind auch wichtig, damit Schwimmkurse stattfinden können. Die DLRG hat längst Alarm geschlagen. 60 Menschen sind im vergangenen Jahr in bayerischen Gewässern ertrunken. Rund 200 000 Kinder haben nicht schwimmen gelernt, weil Pandemie-bedingt alle Kurse ausgefallen sind. Diesen Rückstau abzubauen, werde Jahre dauern. „Wenn mehr Kinder gar nicht oder nicht sicher schwimmen können, werden Badeunfälle tendenziell zunehmen“, prognostiziert Förster.
Dem widerspricht Markus Kern, Abteilungsleiter der Wasserwacht beim Bayerischen Roten Kreuz. „Natürlich züchten wir uns eine Generation von Nicht- oder Schlechtschwimmern heran. Man muss das im Auge behalten.“ Aber er ist überzeugt: Wer weiß, dass er nicht schwimmen kann, geht nicht ins Wasser. „Ich schätze, die Zahl der Badetoten wird in etwa gleich bleiben.“ Auch der Wasserwacht fehlen in manchen Regionen Bayerns die Mitglieder. Gerade in Kommunen, die nur über ein Frei- oder ein Hallenbad verfügten, sei die Lage schwierig. „Daher setzen wir schon im Jugendbereich an, um den Nachwuchs zu gewinnen.“
Ihren ehrenamtlichen Aufsichtsdienst will die Wasserwacht des BRK an Badeseen und in Bädern aufrechterhalten. Sie will Badbetreibern unter die Arme greifen, denen es an Bademeistern mangelt. Kern bedauert, dass das Peitinger Wellenfreibad geschlossen bleiben muss. „Die Menschen können nicht nur schwieriger schwimmen lernen. Sie werden im Sommer ein Stück weit ihres Freizeitvergnügens beraubt.“ Er hofft, dass nicht viele weitere Bäder dieses Schicksal teilen.