Wörth am Main – Weit draußen im Wald über Wörth (Landkreis Miltenberg) erinnert ein Gedenkstein an den grausamen Tod des angehenden Bäckers Klaus Berninger (†16). Der Fall lässt das unterfränkische Städtchen am Main bis heute nicht ruhen. „Die Mörder werden Gottes Gericht nicht entgehen“, ließen die Eltern in den Stein meißeln.
Mehr als drei Jahrzehnte nach der Tat wird das Geschehen vom 20. Dezember 1990 nun wieder ins Bewusstsein geholt. „Wer ist mein Mörder?“, fragt die Kripo Aschaffenburg auf großen Plakaten. Bei einer Bürgerversammlung in der Turnhalle des Sportvereins stellten die Cold-Case-Ermittler am Freitag in Wörth ihre neuen Spuren vor und versuchten, mögliche Zeugen zu ermutigen, ihr Wissen preiszugeben: „Wer kann Angaben dazu machen, ob Klaus Berninger in Streitigkeiten verwickelt war?“, „Wer kann Hinweise auf mögliche Tatbeteiligte geben?“ – so lauteten Fragen der Ermittler. Sie appellierten an mögliche Mitwisser, sich zu offenbaren: Denn alles außer Mord ist verjährt.
„Wir wollen alles tun, dass der Täter einer gerechten Strafe zugeführt wird“, sagte Staatsanwalt Jürgen Bundschuh. Eine der 150 Zuhörerinnen war die Schwester von Klaus Berninger. „Wir finden keine Ruhe, bis der Fall aufgeklärt ist“, sagte Karin Berninger (54) unserer Zeitung. „Seit 32 Jahren müssen wir mit Gerüchten und Verdächtigungen leben.“ Einen Tag vor Weihnachten 1990 war der Leichnam ihres Bruders mit durchtrennter Kehle an der Michaelshütte gefunden worden. Tatwaffe: vermutlich ein scharfkantiges Werkzeug. Sein Geldbeutel, ein Werbegeschenk der Sparkasse, fehlte – heute ein wichtiges Indiz für die Kripo. „Es gab im Vorfeld drei Vermögensdelikte zum Nachteil der Bäckerei Berninger“, sagte Kommissar Jörg Albert. In der Nacht vom 27. auf den 28. Mai 1990 wurde dort eingebrochen, Klaus’ Vater überraschte den Einbrecher, der offensichtlich Insider-Kenntnisse hatte. Er entkam mit einigen 100 Mark. Musste auch Klaus wegen seines Geldes sterben? Albert: „Die Bäckerei Berninger war eine sehr gut gehende Bäckerei.“
Laut Polizei lebte der Jugendliche mit den Eltern und zwei Schwestern zusammen. Im elterlichen Betrieb machte er eine Ausbildung zum Bäcker. Zuletzt gesehen wurde Klaus am 20. Dezember im Pub „Nachtfalter“. Dort ließ er auch sein auffälliges Herkules-Mofa zurück. „Das war sein ganzer Stolz, er legte eigentlich keinen Meter ohne das Mofa zurück“, so Albert. Mit Gerüchten über eine Homosexualität des Opfers oder die Verwicklung in Rauschgiftgeschäfte räumten die Beamten auf: „Er war ein Junge vom Land, immer für einen Scherz zu haben, sämtliche Zeugen haben ihn uns als sehr positiven Menschen beschrieben“, sagte Albert.
Seine Eltern mussten ihre Bäckerei nach der Tat aufgeben. „Das kann keiner nachvollziehen, was das mit den Eltern gemacht hat“, sagte Birgit Wetzelsberger (57), eine der Zuhörerinnen des Info-Abends. „Das ist eine offene Wunde in Wörth“, sagte Bernhard Herbert (80), der in der Bäckerei immer sein Brot holte und Klaus als liebenswerten Buben in Erinnerung hat. Nun sollen die Wörther helfen, den Mörder, der aus dem Umfeld des Opfers stammen könnte, endlich zu fassen. „Wir haben neue DNA-Gutachten in Auftrag gegeben, die Fallanalytiker helfen uns beim Erstellen eines Täterprofils“, sagte Kommissar Albert. In den kommenden Wochen will die Polizei verstärkt präsent sein in Wörth und großflächig das Foto von Klaus Berninger mit der prägnanten Frage „Wer ist mein Mörder?“ plakatieren. mm/dpa