München – Auf der Stammstrecke gab es gestern durch eine Signalstörung tagsüber viele Verzögerungen und umgeleitete S-Bahnen. Das aber konnte die Feierlaune auf dem Münchner Nockherberg nicht trüben. S-Bahn, MVV und die Münchner MVG feierten das 50-jährige Bestehen. Doch auch diese Veranstaltung wurde etwas überschattet – durch Sorgen, das Geld für den öffentlichen Personennahverkehr könne künftig knapp werden. MVG-Chef Ingo Wortmann rechnete vor, dass es im MVV-Gebiet allein bis 2040 einen Investitionsbedarf von 40 Milliarden Euro gebe, also etwa zwei Milliarden jährlich. So viel Geld indes gibt der Bund heute über das sogenannte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht einmal bundesweit an die Kommunen für ÖPNV-Investitionen. „Der Finanzbedarf ist erschreckend“, sagt auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er wünsche sich einen Investitionsschub nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für den öffentlichen Nahverkehr. Das 9-Euro-Ticket sei zwar eine gute Idee, er denke aber, die 2,5 Milliarden Euro wären als Investitionszuschuss für Bahnprojekte besser angelegt. Da kam Applaus unter dem Fachpublikum auf. Reiter brachte sogar einen Solidarbeitrag, den jeder zahlen müsse, ins Gespräch. „Warum denn nicht – darüber sollte man nachdenken.“
Investitionswünsche hat auch Robert Niedergesäß, als Ebersberger Landrat Sprecher der Landkreise im MVV-Gebiet. Der MVV will um weitere Landkreise wachsen: Weilheim, Miesbach und Bad Tölz stehen als Erstes auf der Liste. Das dadurch entstehende Defizit in den Kassen der Eisenbahnen, im Fachdeutsch Durchtarifierungsverluste genannt, könnten die Landkreise aber aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen, sagte der Tölzer Landrat Josef Niedermaier, der den südlichen Teil seines Landkreises schon 2023 gerne im MVV sehen würde. Fahrten von München nach Kochel oder Lenggries zum Beispiel würden dann günstiger. Das Millionendefizit will Niedermaier an den Freistaat weiterreichen – ob der sich beteiligt, ist aber offen.
Neben diesen Finanzthemen ließ die S-Bahn auch ihre Geschichte Revue passieren. Am 28. April 1972 ging’s mit einem Pendelbetrieb durch den Tunnel los. Damals hatte die S-Bahn 101 Züge. Der allererste Zug, Baujahr 1969, mit der Nummer 420 001-0 steht heute im Nürnberger DB-Museum. Zum 40. Geburtstag war er noch im Einsatz, wurde für Sonderfahrten verwendet und dann ausrangiert.
Heute hat die S-Bahn über 270 Züge, sagte S-Bahn-Chef Heiko Büttner. Er staune immer, wie weit im Voraus damals gedacht worden sei. Beispielsweise wurden die Bahnsteige in München damals schon 210 Meter lang gebaut, obwohl anfangs nur 70 Meter lange Einzel-Züge fuhren. dw