München – „Respekt zeigen. Leise fahren“, bittet ein Mädchen im Namen des ADAC. Auf einem anderen Plakatmotiv ist die Auspuffanlage eines Motorrads zu sehen. „Bitte nicht röööhren“, steht darüber. Die Plakate, die bayerische Gemeinden ab sofort an besonders beliebten Biker-Strecken aufstellen können, sind Teil der landesweiten ADAC-Initiative „Leise kommt an“, die am Freitag in Grafrath (Landkreis Fürstenfeldbruck) vorgestellt wurde und die an von Bikern beliebten Strecken für weniger Verkehrslärm sorgen soll. Der verkehrspolitische Sprecher des ADAC in Bayern, Alexander Kreipl, erklärt, was hinter der Initiative steckt.
Herr Kreipl, haben Sie Verständnis dafür, dass lärmgeplagte Anwohner Streckensperrungen für Motorräder fordern?
Ich habe für die Anwohner sogar sehr großes Verständnis. Wir beim ADAC bekommen auch sehr viele wütende Zuschriften zu dem Thema. Genau deshalb haben wir jetzt zum Beginn der diesjährige Motorrad-Saison unsere Initiative gestartet. Sie soll die Motorradfahrer zu Rücksichtnahme motivieren und dadurch Streckensperrungen verhindern. Wir werben für ein gegenseitiges Miteinander. Die Motorradfahrer sollen ihr Hobby ausleben, aber eben nicht auf Kosten der Anwohner.
Glauben Sie wirklich, dass Motorradfahrer leiser fahren, nur, weil sie ein Plakat gelesen haben?
Ja, ich glaube, dass viele Fahrer, wenn sie für das Thema einmal sensibilisiert sind, ihre Fahrweise ändern. Die Fahrer haben es schließlich selbst in der Hand, leiser zu fahren, indem sie weniger Gas geben, die Drehzahl reduzieren und die Auspuffklappe geschlossen lassen.
Zu der Initiative gehören auch Lärmdisplays. Was hat es damit auf sich?
Die Displays funktionieren wie bei der Geschwindigkeitsanzeige, nur, dass sie den Fahrern ein direktes Feedback geben, ob sie zu laut gefahren sind. Es werden keine Dezibel angezeigt. Hinterlegt ist ein Grenzwert. Wird der überschritten, leuchtet auf dem Display die Bitte auf, leiser zu fahren.
2017 gab es in Niederbayern einen entsprechenden Modellversuch…
…der sehr erfolgreich war. Deshalb wissen wir, dass Lärmdisplays funktionieren. Die Polizei hatte auf einer beliebten Motorradstrecke diese Displays aufgestellt. Binnen eines Jahres sank der Schalldruckpegel im Durchschnitt von 81 auf 76 Prozent. Das ist viel und für die Anwohner eine hörbare Entlastung.
In Frankreich sind sogenannte Lärmblitzer im Einsatz. Wären diese Geräte auch in Deutschland denkbar?
Für den Einsatz dieser Geräte fehlt in Deutschland die rechtliche Grundlage. Von daher können sie – Stand jetzt – keine Lösung sein.
In Österreich sind bestimmte Strecken für zu laute Motorräder gesperrt. Was halten Sie von dieser Lösung?
Hier bin ich skeptisch. Das Verbot gilt für Motorräder, die laut Zulassung im Standgeräusch einen bestimmten Dezibel-Wert überschreiten. Aber das Standgeräusch sagt nichts über die Lautstärke des Motorrads im Fahrbetrieb aus. Da kann auch ein im Standgeräusch leises Fahrzeug sehr laut werden, wenn der Fahrer meint, er muss mal ordentlich Gas geben. Ich muss deshalb wieder darauf zurückkommen, dass das beste Mittel gegen Lärm das rücksichtsvolle Fahren ist. Aber auch grundsätzlich halte ich Streckensperrungen für keine gute Lösung. Die Motorradfahrer bleiben nicht zu Hause, weil die eine oder andere Strecke gesperrt ist. Sie weichen vielmehr auf andere Strecken aus, auf denen dann das Verkehrsaufkommen inklusive Lärm stark zunimmt.
Nicht nur Motorradfahrer machen Lärm, sondern auch Sportwagen-Fahrer. Warum kommen sie in der ADAC-Kampagne nicht vor?
Wir haben uns auf Motorradfahrer konzentriert, weil sie für den Großteil der Belastung verantwortlich sind. Das gilt gerade in Bayern, das über besonders viele kurvige Straßen verfügt, die bei den Bikern so beliebt sind. Aber ich sehe tatsächlich keinen Grund, warum sich nicht auch Sportwagenfahrer angesprochen fühlen sollten.
Interview: Beatrice Oßberger