Teisendorf – Für Astrid King und ihre Familie war es ein riesengroßer Schreckmoment. Direkt neben ihrem Haus in Teisendorf (Kreis Berchtesgadener Land) hat sich am Freitag plötzlich ein Loch in der Erde aufgetan. Direkt neben dem VW Golf, der in der Einfahrt geparkt war. Wie durch ein Wunder blieb das Auto zunächst stehen – obwohl bereits ein Reifen über dem Abgrund hing. Florian Pfisterer, Kommandant der örtlichen Feuerwehr, war mit mehreren Kräften vor Ort. „Wir konnten am Freitag nicht viel tun“, sagt er. „Es war schnell klar, dass wir das Auto aufgeben müssen. Es wäre viel zu gefährlich gewesen, es von dem Krater wegzubewegen.“ Lange hielt sich das Fahrzeug nicht mehr über dem Loch. Am Samstag krachte der Kanalschacht ein, auf dem es mehr oder weniger geschwebt hatte. Das Auto stürzte in den Krater. Der Durchmesser des Lochs habe sich seitdem etwa verdoppelt, schätzt Pfisterer. Auf rund zehn Meter. Die Tiefe schätzen die Einsatzkräfte auf etwa 80 Meter.
Astrid King und ihr Mann waren am Freitagnachmittag schon auf der Autobahn unterwegs nach Salzburg, als plötzlich ihre Schwiegermutter anrief. „Kommt sofort nach Hause, es ist ein riesiges Loch im Garten, der Golf stürzt ab“, berichtete sie aufgeregt. Die beiden drehten sofort um und fuhren zurück zum Haus am Teisenberg. „Zu Hause angekommen sahen wir das Loch zuerst nicht, der Golf stand ja noch da“, berichtet King. Die Schwiegereltern hatten sich bereits in Sicherheit gebracht. Auch das Nachbargebäude wurde evakuiert. Die fünfköpfige Familie King ist mitsamt der Schwiegereltern vorerst in einem Hotel in der Nähe untergekommen. Das Grundstück ist weiträumig abgesperrt. Samstagnachmittag durften die Kings nochmal kurz in ihr Haus, um das Nötigste rauszuholen.
Die Region war früher ein Bergbaugebiet. Offenbar hatte sich unter der Zufahrt des Hauses ein tiefliegender Bergwerkschacht befunden. Einige der Stollen im Berchtesgadener Land waren bereits 1160 zur Eisengewinnung angelegt worden. 1432 wurde das Bergwerk wiedereröffnet. In den vergangenen Jahrhunderten hatte es hin und wieder mal Stolleneinstürze gegeben. Kommandant Pfisterer kennt diese Geschichten nur von Erzählungen der ältesten Dorfbewohner. „In der Nachkriegszeit gab es so etwas bei uns nicht mehr“, sagt er. Für die Feuerwehr seien solche Einsätze komplettes Neuland.
Viel tun konnten Pfisterer und seine Kameraden am Wochenende nicht. Über der Einfahrt ist eine große Plane gespannt, direkt darunter befindet sich das Loch. Das füge sich gut, sagt der Kommandant. So wird der Krater vor dem Regen geschützt. Noch am Freitagabend war eine Geologin vor Ort. Auch Landrat Bernhard Kern machte sich am Wochenende persönlich ein Bild von der Situation. Montag sollen weitere Experten kommen und den Krater untersuchen. Auch ein Bodenradar soll eingesetzt werden. Momentan sei das Erdreich noch in Bewegung, erklärt Pfisterer. Erst wenn die geologischen Untersuchungen abgeschlossen sind, wird die Familie erfahren, ob sie wieder in das Haus zurück darf, das sie vor 20 Jahren gekauft hatte.