Oberammergau – Wer wissen will, wie Bayern schmeckt, kommt am besten zu Franziska Bischof. Sie betreibt im kleinen unterfränkischen Ort Wartmannsroth eine noch kleinere Brennerei. In Wartmannsroth entfällt auf jeden 27. Einwohner eine Destillerie. Es gibt 82. Doch keine ist wie Bischofs Brennerei. Sie brennt Schnäpse, die Namen tragen wie Musterknabe oder Halunke. Und der Name ist Geschmack. Ein Schluck vom Halunken, einem Johannisbeerbrand mit Früchten aus der Gegend. Halunke steht ja gleichermaßen für einen boshaften Mann wie für einen Schelm. Je nach Ansicht. Diese Ambiguität ist tatsächlich zu schmecken. „Entweder du kommst mit ihm zurecht oder nicht. Da ist der Geist wie das richtige Leben“, scherzt Franziska Bischof, die sich selbst als „Die Brennerin“ vermarktet. Als Bayern-Botschafterin soll sie gerade in Oberammergau der Tourismus-Welt zeigen, warum man im Freistaat Urlaub machen sollte.
Im Passionsort, in dem in elf Tagen das Gelübdespiel eröffnet wird, trifft sich die Branche zum German Travel Mart. Hunderte Fachleute aus 40 Ländern sehen gerade zum ersten Mal eine Lederhose oder eine Larve. Das ist Teil des Plans. In den Bayerischen Alpen bewirbt sich der Tourismusstandort Deutschland selbst. Und bei der Deutschen Zentrale für Tourismus, den Veranstaltern, wissen sie schon, was die Gäste sehen wollen. Den Weg ins Ammergauer Haus leitet die Kranzberg Blos, vier Burschen mit Ziach, Trompete und Tracht aus Mittenwald. Drinnen haben sie diesen nüchternen Saal in ein Schaufenster in Übergröße verwandelt. An den Wänden hängen Postkartenmotive im XXXL-Format. Man diniert im Kerzenschein zu Wein und Würsten.
Vor der Türe aber bekommen die Gäste Bayern pur. Am Vormittag noch haben die Oberammergauer zum ersten Mal einen Maibaum aufgestellt. Zwischen den Burschen in Lederhosen stehen die Botschafter des Landes. Bei Thomas Gstettenbauer bekommen die Gäste Hirschsalami vom eigenen Hof. Er ist mit seinem Tiny House, die Hyt (Hütt’ gesprochen), bekannt geworden, bevor der große Hype die Mini-Häuslein auf den ganzen Markt spülte. „Das war unser Zugpferd“, sagt er. Mittlerweile haben sie am Wildberghof Buchet nachgerüstet. Es gibt nun auch eine Version mit Glasdach zum Sternderl schaun.
Florian Blickenberger bringt seinen Kunden Gipfelkreuze mit. Natürlich im Miniaturformat. Sein Renner in Oberammergau: das Zugspitzkreuz, das die Teilnehmer dann am Montag in Gold auf dem Gipfel anschauten. Wie er gerade von seinem Konzept erzählt, Traditionen in seinem Schmuck zu konservieren, taucht einer aus dem Ort, offensichtlich mit ein paar Bier zu viel, an seinem Stand auf. Für einen Scharlatan halte er ihn, für einen, der Touristen ausnimmt. Das hört er öfters, sagt der Rosenheimer. Einmal bei einem Markt begannen zwei Fraktionen, sich vor seinen Kunstwerken zu prügeln. „Mit der Zeit blickst du darüber hinweg. Die Leute kann man nicht überzeugen“, sagt Florian Blickenberger. Ein Spezl des angetrunkenen Wüterichs zieht ihn vom Stand weg, bringt selbst zum Ausdruck, wie schön er die Schmuckstücke des Designers findet. Welch schöne Parabel auf diese Tag: Bayern ganz unverblümt.