München – Bei der Pressekonferenz am Freitag wurde Markus Söder gefragt, ob er seinen neuen Generalsekretär vor der Ernennung „auf Herz und Nieren“ geprüft habe. Der CSU-Chef, dem die seltsame Anruf-Affäre um Stephan Mayer auch persönlich nahe gegangen war, reagierte sichtlich pikiert. „Sie verzeihen mir, dass ich sage, dass ich das eine etwas unangemessene Frage finde“, antwortete er verärgert.
Am Sonntag musste man unwillkürlich an diese Episode denken. Denn in Rekordzeit hat nun auch Mayers Nachfolger Martin Huber die erste Affäre am Bein. Ausgelöst hat sie der Plagiatsjäger Jochen Zenthöfer, der Ende des Monats ein Buch mit dem Titel „Plagiate in der Wissenschaft“ veröffentlicht. Bei den Recherchen war er auch auf Plagiate in Hubers Dissertation gestoßen, berichtete er der „Bild am Sonntag“. Er habe den einfachen Landtagsabgeordneten aber als zu unbedeutend befunden, um ihn ins Buch aufzunehmen. Nach Hubers überraschender Beförderung zum CSU-General machen auch seine Funde unerwartet Karriere.
Der 44-jährige Huber hat sein ganzes Leben der CSU gewidmet. Schon die Magisterarbeit beschäftigte sich mit Unions-Wahlkämpfen, auch die 2007 abgeschlossene Dissertation drehte sich um die Christsozialen. Titel: „Der Einfluss der CSU auf die Westpolitik der Bundesrepublik Deutschland von 1954 bis 1969 im Hinblick auf die Beziehungen zu Frankreich und den USA.“ Laut Zenthöfer fanden sich schon auf den ersten 26 Seiten 25 Zitate ohne oder mit falscher Quellenangabe. „Mit dieser Arbeit hätte Herr Huber nicht promoviert werden dürfen“, sagte Zenthöfer der „Bams“. Es lägen „eklatante Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis vor“. Gegenüber dpa schränkte er ein, es sei noch nicht das Stadium erreicht, in dem man sagen müsse: „Da ist der Doktorgrad auf jeden Fall weg.“ Die Ludwig-Maximilians-Universität müsse dies nun aufarbeiten.
Huber selbst wurde von den Vorwürfen überrascht. Er habe seine Doktorarbeit „nach bestem Wissen und Gewissen erstellt“, sagte er. Es gebe 600 Fußnoten und mehr als 20 Seiten Quellenverzeichnis. Dennoch bitte er „aus Gründen der Transparenz“ die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Arbeit erneut zu überprüfen.
So oder so: Politisch sind die Vorwürfe höchst ärgerlich. Die Auswirkungen von Plagiaten haben zwar etwas nachgelassen: Karl-Theodor zu Guttenberg musste nicht nur als Minister zurücktreten, sondern gilt bis heute als politisch verbrannt. Franziska Giffey dagegen wurde trotz Aberkennung ihres Doktortitels durch die FU Berlin zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt. Doch die CSU treffen die Vorwürfe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
In der Partei war die Personalie Huber am Freitag mit Erleichterung aufgenommen worden. Der beliebte Abgeordnete könne sowohl in der Fraktion wie auch in der Partei für Ruhe sorgen, hieß es. Mit der Ruhe ist es nun erst einmal vorbei. Für die Opposition ist die neue Affäre gefundenes Fressen. „Söder und die CSU stolpern von einer negativen Schlagzeile zur nächsten“, sagt SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Sein Ratschlag: „Weniger Skandale und Volksfestbesuche. Dafür endlich die wichtigen Themen in Bayern wie Energieversorgung und bezahlbare Wohnungen anpacken.“ Auch FDP-Fraktionschef Martin Hagen erinnert an die CSU-Skandale um Masken, Maut und Mayers Telefonanruf. Vorerst solle Huber seinen Doktortitel freiwillig ruhen lassen.