München/Bad Tölz – Seit Jahren streiten Wassersportler und die Behörden über die Frage, wie viele Boots- und Kanufahrer die Isar und ihre Natur verträgt. Weil der Freizeitdruck auf der Isar immer größer wurde, hat der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen 2019 eine Verordnung mit strengeren Regeln für die Nutzung der Isar erlassen. Vorgeschrieben sind darin zum Beispiel eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille für Bootfahrer und eine Schwimmwestenpflicht für Kinder bis zwölf Jahre. Außerdem darf die Isar mit kleinen Wasserfahrzeugen wie Kanus, Kajaks, Kanadier oder Schlauchbooten nur von 1. Juni bis 15. Oktober befahren werden. Lediglich im Abschnitt ab Bad Tölz bis zur Isarbrücke bei Schäftlarn ist das Befahren bis 31. Dezember erlaubt. Doch: Ist das Paddel-Verbot für die Wintermonate verhältnismäßig? Darüber muss jetzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entscheiden.
Denn der Bayerische Kanuverband, die Bayerische Einzelpaddler-Vereinigung und mehrere Kanuten haben gegen die Verordnung geklagt. Gestern trafen sich die Streitpartner in München vor Gericht. „Wir kämpfen um den Zugang zur Natur für jedermann“, erklärte Uwe Tschierschke, der bereits seit 45 Jahren paddelt. „Die Verordnung könnte ein Dammbruch sein.“ Die Befürchtung der Wassersportler ist, dass andere Behörden nachziehen – und es auch auf anderen Gewässern immer mehr Einschränkungen gibt. So hat der Landkreis München beispielsweise schon einige Monate nach den Tölzern ebenfalls strengere Regeln erlassen. Auf ein saisonales Fahrverbot verzichtete der Landkreis aber – zur Freude der Kanuten.
Kanu-Fahrer seien sehr naturverbunden, betonte Stefan Schmidt, der beim Bayerischen Kanuverband für das Ressort Umwelt und Gewässer zuständig ist. „Wir führen auch die Jugend an die Natur ran.“ Er argumentierte, dass es keine hinreichenden Belege gäbe, dass der Kanu-Sport die Natur schädige. „Es gibt keine wissenschaftliche Nachweise dafür“, sagt er.
Oberlandesanwalt Martin Höfler, der vor Gericht die Behörden vertrat, sah das anders. „Es gibt Faktoren, die die Gefahr begründen, dass sich der Bootsport schädigend auf die Fisch- und Vogelpopulation auswirkt“, erklärte er. Zudem gebe es ausreichend alternative Gewässer, wo auch im Winter weiterhin gepaddelt werden könne.
Der Tölzer Landrat Josef Niedermaier hat wenig Verständnis für die Klage der Kanuten. Er sagt, man sei Wassersportlern bei der Festlegung der Befahrungszeiten sogar noch entgegengekommen. Denn wenn man strikt auf die Laich- und Brutzeiten der Tiere geachtet hätte, müssten die Sperrzeiten noch länger ausfallen. Aus Niedermaiers Sicht hat die Verordnung der Isar gutgetan.
Der Prozess ging gestern zu Ende. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wird den Beteiligten in den nächsten Wochen sein Urteil zustellen.