München – Der gelbe Staub ist in diesen Tagen fast überall zu finden. Auf der Terrasse, auf der Windschutzscheibe, sogar auf dem Königssee hat er seine Schlieren gezogen. Doch während es vor zwei Monaten noch der Saharastaub war, der sich über den Freistaat legte, hüllt diesmal der Blütenstaub von Fichte und Kiefer die Region in einen gelben Schleier.
„Wenn die Fichtenblüte landesweit so synchron ausfällt wie heuer, dann fällt das natürlich auf“, sagt Hans-Peter Dietrich von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Zuletzt habe es vor vier Jahren eine ähnlich starke Blüte gegeben. Früher galt noch die Faustregel, dass die Fichtenblüte in einem Zyklus von sechs bis sieben Jahren stattfindet. „In den 70er- und 80er-Jahren war das noch so“, sagt Dietrich. Doch der Klimawandel mit den Temperaturanstiegen und der erhöhten CO2-Konzentration der vergangenen Jahrzehnte hat dafür gesorgt, dass die Blüte regional immer unterschiedlicher ausfällt. „Im trockenen und warmen Nordbayern blühen die Fichtenwälder teilweise sogar an zwei Jahren in Folge“, sagt Dietrich.
So auffällig wie heuer waren die gelben Nebelschwaden aus dem Wald aber schon länger nicht mehr. Das liegt auch daran, dass die Bedingungen im vergangenen Juni und Juli besonders günstig waren. „Wir hatten vor allem in Südbayern ein tolles Wuchsjahr. Die Blüten, die wir jetzt sehen, wurden damals entwickelt“, sagt Dietrich. Grundsätzlich ist die starke Fichtenblüte für Bayerns Wälder ein gutes Zeichen, sagt der Experte. „Das sichert den Nachwuchs.“ Allerdings nur, wenn die Bäume in den nächsten Monaten auch genügend Energie für die Bildung der Zapfen bekommen. Geraten die Bäume während der sogenannten Mast unter Trockenstress, ist die Belastung für die Fichten besonders groß.
Die gelbe Pollenflut wird je nach Wetter wohl noch bis zu zwei Wochen in der Luft liegen, schätzt Dietrich. Der Wind trägt den Blütenstaub kilometerweiter fort – ganz im Sinne der Fichten, die sich so fortpflanzen. Sie verlassen sich ganz auf den Wind, der ihre Pollen verteilt. Je mehr Fichten gleichzeitig blühen, desto höher die Chance, dass die Pollen einen anderen Baum zur Bestäubung erreichen.
Allergiker müssen die gelben Fichtenpollen übrigens in der Regel nicht fürchten. „Dass jemand gegen Nadelhölzer allergisch ist, das ist bei uns sehr selten“, sagt Prof. Ulf Darsow, Leiter der Allergieabteilung an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der TU München. Allerdings beginnen allmählich auch schon die bei Allergikern gefürchteten Gräser zu blühen. „Auf manchen Getreidefeldern geht es schon los, das werden Allergiker in den nächsten zwei Wochen spüren“, sagt Darsow. Den Höhepunkt an Gräserpollen erwartet er dann Mitte Juni.
Wer als Allergiker auf die Einnahme von Antihistaminika-Medikamenten angewiesen ist, sollte die Pollenflug-Portale allerdings schon jetzt aufmerksam beobachten und gegebenenfalls mit der Einnahme starten, rät Darsow. Denn die Medikamente wirken nur, wenn sie auch regelmäßig eingenommen werden, erklärt der Experte.