München – Wenn Hobby-Imker Björn Wilcken sich seine Bienenstöcke anschaut, achtet er auf andere Dinge als viele Imker-Kollegen. Denn Wilcken ist Tierarzt und bald sogar Fachtierarzt für Bienen – einer von nur gut einem Dutzend in Deutschland. „Bienen zählen zu den wichtigsten Nutztieren“, sagt Wilcken. Daher nehme das Bewusstsein zu, dass man sich um ihre Gesundheit kümmern müsse.
Als angehender Fachtierarzt kümmert sich Wilcken nicht nur um die eigenen Bienen. Sein Bienenfachwissen braucht er, wenn Imker mit ihren Bienenvölkern umziehen möchten. „Ich muss zum Beispiel einschätzen können, ob es Anzeichen der Amerikanischen Faulbrut gibt, damit sie keine Seuchen umhertragen.“ Seine Arbeit ist auch wichtig, damit Honig ein sicheres Lebensmittel ist.
Während Bienen und Bienenhaltung sich wachsender Beliebtheit erfreuen, sind die Bienenärzte noch eine kleine Gruppe. Gerade mal 17 auf Bienen spezialisierte Tierärzte gibt es bundesweit laut der Statistik der Bundestierärztekammer für das Jahr 2020. Davon haben neun einen Facharzttitel, die anderen acht eine Zusatzbezeichnung „Bienen“. Viele von ihnen sind im Öffentlichen Dienst tätig oder in Laboren. Kaum jemand hat eine typische Kleintierpraxis oder eine Fahrpraxis. „Die Geschäftsidee der Bienenpraxis ist ehrenhaft, aber unternehmerisch nicht sinnvoll“, sagt Wilcken. Unter anderem weil Imker Medikamente in der Regel frei beziehen könnten.
Auch die Arbeit als Bienendoktor gestaltet sich anders als bei Hund, Katze oder Rind. Denn bei den speziellen Patienten sind Blutuntersuchungen oder Abhören mit einem Stethoskop nicht möglich. „Wir schauen uns weniger die Biene einzeln an, als mehr das ganze Sozialgefüge inklusive Bienenstock“, sagt Wilcken. Fliegen die Bienen ruhig oder aufgeregt? Haben sie genügend Futter? Sind Waben verschimmelt? Legt die Königin genug Eier? Danach nimmt er gegebenenfalls Proben von Honig oder Waben. Muss eine Krankheit behandelt werden, kann ein Gegenmittel im Bienenstock versprüht werden. Da es für Bienen aber kaum Medikamente gibt, ist die Vorbeugung von Krankheiten wichtig.
Traditionell werden Bienen in der Tierarztausbildung nur als Teil der Parasitologie oder als Wahlfach gelehrt, erzählt Heike Aupperle-Lellbach. Die Veterinärin war die erste Fachtierärztin für Bienen in Deutschland. Sie beklagt, dass bei neuen Gesetzen meist nur Imker und Biologen gefragt würden. „Die machen einen super Job, aber Tierseuchenbekämpfung, Lebensmittelrecht oder Arzneimittelrecht sind veterinärmedizinische Themen.“
Um die Bedeutung der Biene im Veterinärwesen zu stärken, hat sie eine Fachgruppe für Bienen in der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft angestoßen. Auf der Website der Fachgruppe sind alle Kontaktdaten der tierärztlichen Bienenexperten gelistet – in der Hoffnung, dass die Veterinäre zum Beispiel bei der Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut kontaktiert und miteinbezogen werden. dpa