NSU: „Ja, ich habe ein schlechtes Gewissen“

von Redaktion

München/Nürnberg – Und plötzlich wird es still in der Plenarsitzung des bayerischen Landtags an diesem Donnerstag. Arif Tasdelen steht am Rednerpult und erklärt, warum es aus seiner Sicht einen neuen NSU-Untersuchungsausschuss braucht. Der Nürnberger SPD-Politiker nimmt die Abgeordneten mit auf eine Zeitreise, zurück in den Juni 2005. Er erzählt, wie er am 8. Juni abends – wie so oft – beim Imbiss von Ismail Yasar an der Scharrerstraße war. Und wie dann am nächsten Tag die Spurensicherung dort war. „Als junger Mann habe ich mich nicht getraut anzuhalten“, berichtet er. Erst später habe er erfahren, dass Yasar, mit dem er sich noch am Tag zuvor unterhalten hatte, ermordet worden war.

Yasar war, wie erst Jahre später herauskam, das siebte Mordopfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Jener drei Terroristen, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die über Jahre hinweg mordend durch Deutschland zogen, ohne dass ihnen Polizei und Sicherheitsbehörden auf die Spur gekommen wären.

Gestern setzte der Bayerische Landtag einen neuen Untersuchungsausschuss zum NSU ein – es ist der 15. Untersuchungsausschuss bundesweit und der zweite in Bayern. Ausschuss-Vize Josef Schmid (CSU) betont, es gehe um Strukturen, die bisher nicht hätten aufgedeckt werden können. Es gehe aber auch um Rassismus insgesamt. „Es kann niemand bestreiten, dass die Gefahren für die Demokratie zugenommen haben“, sagt Schmid. Auch die AfD stimmt dem Ausschuss zu. Der Warnung von AfD-Mann Richard Graupner, das Gremium dürfe nicht zu einer Showveranstaltung der „vereinigten Anti-Rechts-Kämpfer“ degradiert werden, kontert Wolfgang Hauber (FW) mit den Worten, es sei doch „selbstverständlich, dass der Hase seinen Jäger nicht liebt“.

Tasdelen fragt: Wie konnte es passieren, dass zuallererst so oft die Familien der Opfer verdächtigt wurden – statt Spuren zum Rechtsextremismus zu überprüfen. „Wenn Sie mich fragen, ob ich ein schlechtes Gewissen habe – ja, habe ich“.  lby

Artikel 7 von 11