Der heutige Chef der CSU-Gruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, über seine Rolle bei der Realisierung des Tunnels Oberau, der am Freitag freigegeben wird.
In Oberau sind Sie der Star, in Berlin gelten Sie als jemand, der als Bundesverkehrsminister ungeniert zig Millionen in den eigenen Wahlkreis gelenkt hat. Rührt Sie das?
Nein, das ist ja auch nicht richtig. Ich habe für Verkehrsprojekte, die in meiner Heimatregion dringend notwendig sind, die Finanzierung organisiert – also etwas nachgeholt, was in früheren Zeiten teilweise bewusst versäumt worden war und das Werdenfelser Land dadurch massiv benachteiligt hat. Darunter haben keine anderen Regionen gelitten. Ich habe einen Investitionshochlauf gestartet und den Verkehrshaushalt damit massiv gesteigert. Davon haben alle Regionen Deutschlands profitiert.
Darüber werden vielleicht mal Historiker urteilen.
Ich bitte darum. Das ist relativ leicht nachvollziehbar. Meine Zusage war, dass alle baureifen Verkehrsprojekte auch finanziert werden, und daran habe ich mich gehalten. Bundesländer, die sich über angeblich zu wenig Geld beschwerten, hatten einfach nicht genug Projekte durchgeplant.
Was bringt der Tunnel für Oberau und was für die Münchner Ausflügler?
Der Tunnel Oberau ist ein Jahrhundertprojekt, aktuell der längste Straßentunnel Bayerns. Er entlastet die Region vom Durchgangsverkehr, stärkt den überörtlichen Verkehr und ermöglicht schnellere Mobilität. Das ist wichtig für die Reisenden, aber vor allem auch für den Wirtschaftsverkehr. Die Umfahrung verhindert sinnlose Staus und reduziert damit volkswirtschaftliche Schäden.
Jetzt sind zwei von fünf Tunnelprojekten vollendet. Sind Sie optimistisch, dass alle fertiggestellt werden?
Es ging mir immer um das Gesamtprojekt, dazu gehört der Auerbergtunnel, der im Bau und auch finanziert ist. Ebenso ist es mit dem Kramertunnel. Beim Wanktunnel läuft die Planfeststellung, sodass auf Sicht eine Baureife erreichbar ist.
Aber finanziert ist er nicht.
Das stimmt. Am Schluss muss der zuständige Bundesminister seinen Haken drunter machen. Aber ich erwarte, dass der aktuelle Verkehrsminister die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Sonst müsste er meine damalige Zusage, dass alles, was baureif ist, auch finanziert wird, zurücknehmen. Das wäre ein eindeutiges Versagen des FDP-Ministers.
Kritiker sagen, das Loisachtal werde zur Transitstrecke Richtung Brenner?
Das Verkehrsaufkommen ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Es ist falsch, dass die Tunnel Verkehr anziehen würden. Der Verkehr ist jetzt schon da. Der Ausflugsverkehr steigt weiter und der Wirtschafts- und Güterverkehr auch. Auch eine Verkehrswende mit E-Autos führt übrigens nicht dazu, dass Autos fliegen.
Warum haben Sie die Bahn vergessen?
Einspruch. In die Bahn ist erheblich investiert worden. Auch die Werdenfelsbahn ist eine attraktive Pendelbahn zwischen München und Garmisch-Partenkirchen und auch weiter ertüchtigt worden, etwa mit Taktverdichtungen. Weitere Verbesserungen sind geplant, wie ein 30-Minuten-Rhythmus nach Murnau.
Aber der zweigleisige Ausbau steht nicht im Bundesverkehrswegeplan.
Ja, weil es eine Regionalstrecke ist und der Bundesverkehrswegeplan für Fernstrecken aufgestellt wird.
Trotzdem: Wäre der Ausbau notwendig?
In Teilen ja. Aber auch auf dem bestehenden Netz geht noch mehr zum Beispiel durch Einbau von Ausweichgleisen. Die Taktfrequenz zu erhöhen ist das Entscheidende. Die Planungen laufen ja. Eine durchgängige Zweigleisigkeit wird auch vom Umweltschutz abgelehnt – weil man kein zweites Gleis durchs Murnauer Moos will.
Zum Spatenstich überreichte Ihnen der Bürgermeister ein „Alexander-Dobrindt-Tunnel“-Schild. Was ist daraus geworden?
Das Bild hängt in meinem Büro. Es ist für mich eines der emotionalsten Andenken an meine Zeit als Bundesverkehrsminister.
Das Interview führte Dirk Walter