Tutzing – „Nageni badada?“ „Geht es Dir gut, lebst Du in Frieden?“ – Peter Brummer lernt gerade ein wenig Swahili, neben Englisch die gängige Sprache in Ostafrika. Der katholische Pfarrer hat große Pläne: Nach 22 Jahren als Seelsorger von St. Joseph in Tutzing packt er Anfang Oktober den 20-Kilo-Rucksack und fliegt nach Kenia.
Für Brummer ist die Reise an den Äquator keine Flucht aus der deutschen Kirche. „Schon als junger Priester wollte ich nach Afrika.“ Das ging bisher nur auf Studienreisen. Im Bistum Augsburg hat er als Seelsorger und Lebensbegleiter gewirkt – ein Priester, der von Teamarbeit überzeugt ist und den die Schwerfälligkeit kirchlicher Strukturen hierzulande manchmal wurmt. Für die Frauen fordert er wenigstens die Diakonenweihe. „Ich habe eine Zwillingsschwester – drei Stunden älter und lebenserfahrener. Ich habe mich früh an Frauen gewöhnen müssen“, scherzt er. Doch ernsthaft: Brummer bewundert die Zähigkeit des anderen Geschlechts. „Sie sind die Trägerinnen der Arbeit in den Pfarreien.“ Der Mann, dem die Ideen nur so aus dem Mund sprudeln, ist von der Frage getrieben: „Wie finde ich Zugang zum Geist und zu den Herzen der Menschen? Wie kann ich ihnen eine enge Beziehung zum Evangelium und zu Jesus vermitteln?“
In Tutzing hinterlässt er seinem Nachfolger Peter Seidel eine Vorzeige-Pfarrei mit einem gut funktionierenden Mitarbeiterteam, rundum sanierten Kirchbauten, bestem Kontakt zu den Missionsbenediktinerinnen und einem tollen sozialen Netzwerk. 49 Geflüchtete waren seit 2014 hier im Kirchenasyl – die meisten hat der Helferkreis zumindest ins Asylverfahren gebracht. Viele durften bleiben. „Wunderbare Menschen hatten wir hier im Kirchenasyl“, schwärmt Brummer. Vor zwei Wochen sind die vorerst letzten verabschiedet worden – die afghanische Familie Amiri sowie der 28-jährige Novatus aus Tansania, der an Kinderlähmung erkrankt ist und hier eine orthopädische Schiene bekommen hat. „Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er aufrecht stehen“, strahlt Brummer. Bei aller Begeisterung ist der Priester aber kein Fantast. Er weiß, dass das Asylverfahren ungewiss ist für die Tutzinger Schützlinge. „Aber wir können ihnen zumindest einige Monate angstfreies Leben schenken.“
Das alles lässt er hinter sich, wenn er in eine Oase an der Grenze zu Äthiopien zieht. Oase hört sich idyllisch an. Es trifft zu, wenn die Regenzeit Teile der Steppe wie jetzt gerade in eine blühende Landschaft verwandelt. Es gibt aber auch das Kontrastprogramm mit sehr langer Trockenheit, Hitze und Sandstürmen, die sich wie Ungeheuer aufbauen und alles im Staub versinken lassen.
Peter Brummer ist auf all das gefasst. Er wird mit zwei erfahrenen Augsburger Priestern, die schon 20 Jahre in Kenia sind, 15 000 Menschen seelsorglich begleiten. Die meisten leben als Nomaden. „Knapp die Hälfte von ihnen ist getauft, die Frauen tragen als Katechetinnen den Glauben weiter.“ Er wird diese Frauen unterrichten und viel mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Über die Hälfte der Menschen ist unter 15 Jahre alt. 115 wurden an Ostern getauft. Eine Zahl, von der ein deutscher Priester nur träumen kann. Das Leben in Kenia wird karg sein, aber voller Lebensfreude.
Vermissen wird der Oberbayer „die Berge und die Seen, die vielen Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind“. Und die Kirchenmusik. Auf seinem Handy hat er lauter Fotos aus dem Oberland, ins Gepäck kommt auch ein Schinken. Wenn er die Sternennächte in der Steppe genießt – „stundenlanges Star-TV“ – will sich Peter Brummer auch mal eine Flasche kenianisches Tusker-Bier gönnen. „Ich bin schließlich Sohn eines Hopfenbauern aus dem Kreis Pfaffenhofen an der Ilm.“
Der Sohn eines Hopfenbauers freut sich auf Kenia-Bier
Brummer hinterlässt eine Vorzeige-Pfarrei