München – Zünftige Musik, ein frisches Bier und ein resches Hendl: Nach zwei Jahren Corona-Pause finden in Bayern endlich wieder Volksfeste statt. Heuer geht es nicht nur ums Feiern, sondern auch um ein ganz neues Gefühl von Zusammensein. Im Festzelt gemeinsam essen, anstoßen und zum Takt der Blaskapelle tanzen – das war lange undenkbar. Nicht nur die Gäste haben die alte Normalität herbeigesehnt, auch Festwirte, Vereine und Musikanten freuen sich narrisch.
Voller Kalender für die Tegernseer Tanzlmusi
Zwei Jahre lang hatten die Musikanten der Tegernseer Tanzlmusi nichts zu tun – keine Auftritte, keine Proben: „Für was? Man wusste ja auch nicht, wann’s wieder losgeht“, sagt Thomas Eberl, Flügelhornist der Gruppe. Kürzlich haben die Musiker eine CD aufgenommen, bei den Proben dafür konnten sie sich wieder einspielen. Als Einstieg für die aktuelle Festsaison optimal, denn die läuft bisher „brutal“, sagt Eberl. Nach zwei Jahren Corona-Pause geht es in diesem Jahr „nicht von null auf 100 – eher von null auf 120.“ Er merkt deutlich, dass es die Menschen nach der langen Pause wieder nach draußen zieht. Vor allem in den Festzelten fällt das auf, die seien wirklich voll. Die Lust zum Feiern zeigt sich dem 37-Jährigen zufolge auch an der Uhrzeit, zu der die Leute im Zelt aufschlagen. Im Gegensatz zur Vor-Corona-Zeit kommen die heuer nicht erst gegen zehn Uhr, sondern schon deutlich früher: „Neulich musste das Zelt um zehn zugesperrt werden, weil’s voll war!“ Für die Kapelle bedeutet der Ansturm und die Feierlust jetzt mehr Feste, als sie bedienen können. „Wir mussten viel absagen, weil’s zeitlich einfach nicht möglich ist.“ hg
Die Arbeit schweißt alle zusammen
Einmal ist auf dem Pfingstfest in Darching sogar Monica Reichsgräfin von Arco auf Valley versumpft. „Eigentlich bleibt sie immer nur zum Essen, aber an diesem Abend durfte sie ein Vereinsmitglied noch auf einen Drink an der Bar einladen“, erzählt Christoph Trümer, Vorsitzender des DJK Darching, und lacht. Eine legendäre Geschichte, schließlich war da die Gräfin schon an die 80. Im Landkreis Miesbach ist das Pfingstfest aus dem Festkalender nicht wegzudenken. Die vergangenen zwei Jahre war nichts los. „Es ist höchste Zeit“, sagt Trümer. „Bei so einem Fest geht es ja nicht nur ums Feiern. So ein Event stärkt auch den Zusammenhalt unter den Vereinsmitgliedern.“ 250 Ehrenamtliche und Vereinsmitglieder arbeiten bis Pfingstsonntag auf dem Fest. Davor und danach braucht’s Schmalz zum Auf- und Abbauen. Viel Arbeit für den Verein – aber das schweißt zusammen. Nach seinem 40. Geburtstag will der DJK Darching mit der Zeit gehen. Dazu gehört auch das neue Logo des Pfingstfestes. Eine Mass Bier, ein Trachtenhut und ein Fußball zieren das Werk von Katharina Bourjau, einer jungen Grafikdesignerin vom Tegernsee. Tosende Trompeten kündigen hier zudem an: In Darching ist wieder was los. „Dass da heuer ein besonderer Funke ist, hat man schon beim Aufbauen gemerkt“, sagt Trümer. „Alle freuen sich narrisch.“ sco
Premiere als Festzelt-Wirtin
„Die Menschen dürstet nach Volksfesten“, sagt Angelika Fontenot. „Sie brauchen endlich Ausgelassenheit, Party, Musik, Geselligkeit. Aber aufgeregter als wir sind sie dann doch nicht.“ Was daran liegt, dass die 58-Jährige mit ihrer Familie erstmals ein Festzelt stemmt. Es heißt Lena’s Festzelt, ist benannt nach der 21-jährigen Tochter und steht bis 12. Juni auf dem Lohhofer Volksfest im Kreis München. „Wir haben locker 150 000 Euro für das Zelt und das Personal ausgegeben“, rechnet die Wirtin vor. Mit im Boot sind ihr Mann und ihre vier Kinder. Insgesamt 35 Leute werden im Zelt arbeiten – jeden Tag bis 23 Uhr. Die Nervosität im Vorfeld sei zwar da, „aber die gehört dazu“. Bisher läuft immerhin alles wie am Schnürchen, die Logistik hat der Familie keinen Masskrug über den Schädel gezogen. „Wir klopfen auf Holz, dass das so bleibt.“ mbi