Teure Fahrt in eine ungewisse Zukunft

von Redaktion

VON KATHRIN BRACK UND KILIAN PFEIFFER

Bad Tölz/Freilassing – Als Johannes Gundermanns Urgroßvater seinen Fahrdienst gründete, musste er an Benzinpreise noch keinen Gedanken verschwenden. Das Taxiunternehmen aus Bad Tölz begann vor 115 Jahren als Lohnkutscherei. Zwei Weltkriege und die Ölkrise hat es überstanden. Heute sind die Gundermanns in vierter Generation im Landkreis unterwegs, mit fünf Taxis und vier festangestellten Fahrern. „Die Corona-Jahre haben uns schon stark getroffen“, sagt Juniorchef Johannes Gundermann. Dann kam der Spritpreis-Schock. „Eine Krise folgt auf die nächste, das ist schon happig.“

Die gestiegenen Kosten kann der Taxiunternehmer nicht einfach auf die Kunden umlegen: Was Taxifahren kostet, legt das Landratsamt fest. Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hat die Tarife vor Kurzem erstmals seit 2017 erhöht, dafür mussten die Unternehmen einen Antrag stellen. Die Grundgebühr stieg von 3,60 auf 4,60 Euro, der Kilometerpreis von 1,90 auf 2,20 Euro. 15 Prozent Preissteigerung, „das Landratsamt wollte die Kunden nicht zu stark belasten, es muss ja zumutbar bleiben“, sagt Gundermann. Um die Kosten zu decken, hätten die Taxifahrer trotzdem 20 bis 25 Prozent mehr gebraucht. „Wir werden weiter erhöhen müssen“, befürchtet er.

Erleichtertung durch den Tankrabatt der Bundesregierung spürt der Taxiunternehmer noch nicht. „Das ist auch einfach blöd zusammengefallen mit den Ferien“, meint der 35-Jährige. „Die Preiserhöhung liegt eigentlich im Rahmen dessen, was wir kennen.“ Trotzdem: Johannes Gundermann bleibt nichts anderes übrig, als zu den hohen Preisen zu tanken. Schuld an der Preisexplosion seien auch die Mineralölkonzerne. „Wenn die nur halb so kontrolliert würden wie wir, sähe vieles anders aus.“

Auch Busunternehmer ächzen unter den Mehrkosten. Im Mai rief der Landesverband der Omnibusunternehmen in Bayern zu einer Protestaktion auf. Thomas Richter und seine 150 Mitarbeiter von den Hogger Verkehrsbetrieben in Freilassing (Kreis Berchtesgadener Land) beteiligten sich an dem Streik. „Es geht so nicht mehr weiter”, sagt Richter.

Zwei Jahre Corona haben dem größten Busunternehmen im Landkreis zugesetzt. Der Chef schaute sich nach alternativen Einnahmequellen um, übernahm 15 Lkw, stieg ins Frachtgeschäft ein und fuhr für Speditionen, um seine Mitarbeiter beschäftigen zu können. Dann begann der Ukraine-Krieg. Und die Preise explodierten. „Unsere Kalkulationsgrundlage lag bei 1,05 Euro pro Liter.” Im April kostete ihn der Kraftstoff 1,90 Euro. Der Anteil von Kraftstoffen an den Gesamtkosten liegt bei rund 15 Prozent, rechnet Richter vor. Den für die Linienbusse notwendigen Dieselzusatz Ad Blue kauft das Unternehmen nicht mehr nach Preis, sondern nach Verfügbarkeit. Früher zahlte er 17 Cent, heute knapp einen Euro pro Liter. Da kommt viel zusammen: „5000 Liter brauchen wir im Quartal.”

Richter fährt häufig für kommunale Auftraggeber. Für Preissteigerungen ist man dort nicht bereit. In vielen Ausschreibung musste das Verkehrsunternehmen zudem den Treibstoffpreis sechs Jahre lang garantieren. „Wie soll das in so einer Lage funktionieren?”

Auch Johannes Gundermann macht sich Gedanken um die Zukunft. Dass die Kosten sinken, ist unwahrscheinlich. Im Herbst steigt der Mindestlohn, außerdem muss er bald neue Fahrzeuge anschaffen. „Man muss sich schon fragen, ob es sich noch rentiert,“ sagt der 35-Jährige, der bald das Geschäft von seinem Vater Hans übernehmen wird. Trotzdem versucht sich der Taxiunternehmer in Optimismus. Ob der Tankrabatt noch durchschlägt, werde sich nach den Ferien zeigen. „Ich hab noch Hoffnung“, sagt Gundermann.

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