München – Wer das Institut für bayerische Geschichte an der Ludwigstraße betritt, der stößt im Flur auf eine Art Ahnengalerie. Angefangen bei Sigmund von Riezler sind die Porträt von zehn Historikern ausgestellt, die dem Fach Bayerische Geschichte ihren Stempel aufdrückten. Darunter sind so unterschiedliche Charaktere wie Karl Bosl, der eher linksliberal eingestellt war, Karl-Alexander von Müller, der wegen seiner NS-Vergangenheit nach 1945 seinen Lehrstuhl verlor, und die prononcierten Konservativen Max Spindler und Andreas Kraus. Irgendwann wird wahrscheinlich auch der jetzige Institutsleiter, Prof. Ferdinand Kramer (61), dort mit einem Porträtbild verewigt werden. Er hat aber in diesen Tagen Besseres zu tun, als sich mit seinem Nachruhm zu befassen: Am morgigen Dienstag wird in einem Festakt in der Großen Aula der Münchner Universität der 75-jährige Geburtstag des Instituts gefeiert. Ministerpräsident Markus Söder ist zu einem Grußwort eingeladen – und wird wohl bei der anschließenden Diskussion zum Thema „Geschichte des Amtes der Bayerischen Ministerpräsidenten“ einiges beitragen können.
Die Themawahl zum Festakt sei kein Zufall, sagt Institutsleiter Kramer. Schließlich beruht die Institutsgründung auch auf dem persönlichen Einsatz des damaligen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner. Die starke Stellung des Ministerpräsidenten, der in Bayern formell auch Staatsoberhaupt ist, bildet einen der Forschungsschwerpunkte von Kramer, der das Institut seit 2003 leitet und seitdem Studien speziell zur Geschichte Bayerns nach 1945 vorangetrieben hat. Bei den Ministerpräsidenten geht es um das Amtsverständnis von Goppel, Stoiber & Co, ihr Verhältnis zum Landtag, den Ausbau der Staatskanzlei zu einer Art Überministerium – alles wissenschaftliche Themen, die Kramers Schüler mit Master- und Doktorarbeiten „beackert“ haben. Auch zur (häufig unterschätzten) konstruktiven Rolle Bayerns bei der europäischen Integration entstanden mehrere Arbeiten, zur Mediengeschichte – vor allem der Rolle des BR – sind Studien im Entstehen.
Doch natürlich kommt kein Bayern-Historiker ohne Herzöge und Könige aus. Es mag Zufall sein, dass ein Stockwerk über dem Institut das Hausarchiv der Wittelsbacher residiert, aber Kramer behält den nie endenden Strom von Arbeiten zum einstigen Königshaus natürlich im Blick. Er selbst hat 2018 mit einem Co-Autor ein Buch zur Bayerischen Erbfolgekrise 1777/78 vorgelegt, und auch zu Frühneuzeit und zum Mittelalter kann man ihn befragen. Der „epochenübergreifende Ansatz“ seines Instituts – das eben kein Institut nur zur Zeitgeschichte ist, sondern das große Ganze im Blick behält – sei das Besondere, sagt der Historiker.
350 bis 400 Studenten besuchen je Semester eine Lehrveranstaltung zur bayerischen Geschichte. Und obwohl das Institut Deutungshoheit bei der bayerischen Geschichte hat, ist es in Wahrheit relativ klein. Neben Kramer gehört ihm im Vorstand Prof. Dieter Weiß an, daneben gibt es drei Assistenten und einen Geschäftsführer, dessen Stelle auf zwei Personen aufgeteilt ist. Mehr wäre gewiss immer gut, aber, so sagt Kramer: „Ich habe mir fest vorgenommen, beim Festakt keine Forderungen zu stellen.“