DAS PORTRÄT

Die lachende Kellnerin

von Redaktion

Im Jahr 1987 hatte sich Christine Hauter beim mittlerweile verstorbenen Seniorchef Joseph Großmann im Altwirt an der Hauptstraße in Münsing beworben: „Er hat mich sofort genommen“, sagt die gelernte Konditorin. Heute, 35 Jahre später, bedient sie dort immer noch. 40 Stunden pro Woche, ihr ansteckendes Lachen ist ihr ständiger Begleiter. Mit Großmanns Frau Erika hatte sie sich über die vielen Jahre angefreundet. Die beiden Frauen unternehmen gemeinsam Ausflüge und Reisen, sie lassen es sich richtig gut gehen. Zuletzt verbrachten sie ein Wellness-Wochenende in Wiesbaden. „Ich gehör fast schon zur Familie“, bestätigt die 58-Jährige.

Ein bisserl Erholung zwischendurch braucht sie auch, denn die Arbeit schlaucht. Gerade zum Wochenende ist in dem Traditionslokal mit eigener Metzgerei richtig was los. Hauter nimmt Bestellungen auf, eilt zur Theke und zur Essensausgabe, schleppt volle Tabletts an die Tische und räumt auch wieder ab. Früher, sagt sie, sei der Job einfacher gewesen: „Da haben die Gäste weniger Ansprüche gehabt.“ Vor 30 Jahren habe auch niemand nach veganen, laktose- oder glutenfreien Gerichten gefragt. Die Speisekarten waren damals auch noch bodenständiger als heute. Jetzt serviert sie viel öfter leichte, mediterrane Küche und Vegetarisches. Aber die bayerischen Klassiker wie Ochsenbraten oder Leberknödelsuppe finden natürlich nach wie vor reißenden Absatz – schließlich ist der Altwirt ein traditionelles Wirtshaus mit vielen Stammgästen. Und manche, heißt es, kommen besonders gern wegen Christine Hauter.

Früher habe es mehr Stammtische gegeben, erzählt Hauter. „Die Leute haben generell viel mehr Zeit gehabt. Es ist einfach gemütlicher zugegangen.“ Montag Mittag war Handwerkerstammtisch, sonntags kamen die Taucher zusammen. Inzwischen hält Hauter immerhin noch eine Gruppe pensionierter Schulräte die Treue. Alle vier Wochen kommen sie im Altwirt aus ganz Oberbayern zusammen und spielen Schafkopf. Die lebensfrohe Wolfratshauserin hat schon viele Krisen in der Gastronomie miterlebt. Sie erinnert sich an die Umstellung auf den Euro, an das Rauchverbot und zuletzt an die Corona-Auflagen. Aber dank ihres sonnigen Wesens hat sie alle Klippen irgendwie umschifft. Was auch passiert, sie bleibt freundlich und fröhlich: „Ich hab immer gern bedient und will das auch noch ein paar Jahre machen“, sagt sie. Deshalb hält sich die ehemalige Dressurreiterin gerne körperlich fit: Sie reitet ihre zwei Pferde, außerdem radelt sie und geht regelmäßig schwimmen. Und auch der Chef weiß Hauters Strahlen zu schätzen. Zur 35-jährigen Mitarbeit gab es von Joseph Großmann eine Urkunde, einen fröhlichen Blumenstrauß und einen riesigen Präsentkorb – randvoll mit gesunden Sachen. TANJA LÜHR

Artikel 3 von 11