München – Wenn Mücken sich ideales Wetter wünschen könnten, würde es so aussehen wie die vergangenen Wochen: warm mit gelegentlichem Regen. Im Freistaat schlüpfen derzeit besonders viele Stechmücken. Vor allem die Wald- und Wiesenmücken seien um diese Jahreszeit verbreitet, sagt Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Sie zeugen pro Jahr eine Generation, die im Mai und Juni schlüpft. „Wer jetzt durch den Wald läuft, hat es vor allem mit diesen Mücken zu tun“, sagt Werner. Das ist aber noch nicht alles: Regen könnte zudem Überschwemmungs- und Überflutungsmücken begünstigen. „Es kann sein, dass die in bestimmten Regionen bald aktiv werden – oder auch schon aktiv sind.“
Gibt es nun eine regelrechte Plage im Freistaat? Werner gibt Entwarnung: Das Stechmücken-Aufkommen ist anders als in den Vorjahren einfach wieder normal. „Wir sind ein bisschen verwöhnt“, sagt Werner. Vielerorts habe es in den vergangenen Jahren extrem wenig Regen gegeben. „Wenn dann wieder normale Witterungsbedingungen sind, entwickeln sich natürlich die Mücken.“ In der Nähe von Bruthabitaten kann es Werner zufolge grundsätzlich mehr surren. „Aber ich würde niemals sagen, es gibt irgendwo eine Plage.“
In seltenen Fällen können Stechmücken Krankheiten übertragen. So kann beispielsweise die berüchtigte asiatische Tigermücke gefährliche Tropenerreger weitergeben. Im Freistaat ist sie bereits im mittelfränkischen Fürth und in Erding aufgetreten. Aber: Nicht alles Gestreifte ist gleich eine Tigermücke. Die heimische Ringelschnake kann mit ihrer helldunklen Musterung leicht mit dem Tropeninsekt verwechselt werden. Mit ihren etwa zwölf Millimetern ist sie aber mehr als doppelt so groß.
Und nicht jeder Stich einer Tigermücke macht krank. Werner zufolge tragen die Tiere Erreger nicht per se in sich, sondern müssen sich erst mal selbst anstecken. Mithilfe des „Mückenatlas“ zum Monitoring von Stechmückenarten soll deswegen verhindert werden, dass Tigermücken mit infizierten Reiserückkehrern zusammentreffen. Das Projekt bittet daher um Einsendungen von Stechmücken durch die Bevölkerung.
Der CSU-Gemeinderat Rainer Jünger aus Schondorf am Ammersee wünscht sich, dass die Kommunen das Thema Mücken ernster nehmen. Er ist Vorsitzender des Vereins „Mückenplage? Nein, danke!“ und denkt mit Schaudern drei Jahre zurück, als schwarze Wolken von Mücken am Seeufer aufstiegen. Überschwemmungsmücken sind Überlebenskünstler: Die Weibchen legen die Eier ins hohe Gras, dort können sie zehn Jahre aufs nächste Hochwasser warten. „Auf der überschwemmten Fläche mit der Größe eines Fußballfeldes können binnen zwei Wochen bis zu einer halben Milliarde Mücken heranreifen“, erklärt Jünger. Er hat aber auch eine gute Nachricht: „Erst ab Hochwasser-Meldestufe eins ist mit einem Massenschlupf zu rechnen.“
Der Verein kämpft darum, bei einer drohenden Mückenflut den Eiweißstoff BTI auszubringen, der gezielt die Larven im Wasser tötet. Dies geschieht bereits in Olching und am Chiemsee. Naturschützer sehen dies kritisch, Mücken und ihre Larven sind Futter für Vögel, Fledermäuse, Fische und Amphibien. Rainer Jünger stimmt zu: „Die Kartierung möglicher Einsatzgebiete hilft uns zu sehen, wo welche Mücken brüten. Zuckmücken als wichtige Nahrungsgrundlage für Ökosysteme müssen außen vor bleiben.“ sus/dpa