120 Tage sind seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vergangen. Ein schnelles Ende ist nicht zu erwarten. Prognosen zufolge könnte der Krieg Jahre dauern. Ukrainische Journalisten haben mehr als 200 Interviews mit russischen Kriegsgefangenen geführt, und ich habe mir in den letzten Wochen fast alle angeschaut. Mir scheint, dass jeder davon wissen sollte, da diese Interviews definitiv in die Geschichte eingehen werden. Kriegsgefangene erklären sich freiwillig bereit, Journalisten die Geschichte ihrer Gefangennahme zur Aufzeichnung und Veröffentlichung auf YouTube zu erzählen. Diese Videos helfen den Verwandten, dafür zu sorgen, dass ihre Angehörigen in die Listen der Kriegsgefangenen des Verteidigungsministeriums aufgenommen werden. Denn man versucht in Russland, die tatsächliche Zahl der Gefangenen zu verheimlichen und erklärt viele für vermisst. Aus all diesen Interviews gibt es nur eine Schlussfolgerung: Einige der russischen Soldaten wurden getäuscht, es handle sich bei dem Einsatz in der Ukraine um eine Übung. Einige gingen in den Einsatz, weil sie dachten, sie würden das russische Volk in der Ukraine vor einem Naziregime schützen – doch dort gibt es keine Nazis. Der Zweck des Krieges ist niemandem klar. Die Verluste sind enorm. Nachdem sie mit Propaganda gespielt hatten, wurden die Russen selbst zu Nazis, die die Zivilbevölkerung der Ukraine ausrotteten und Kinder töteten. Alle Beweise sind öffentlich zugänglich. Stündliche Interviews. Schreckliche Geständnisse. Wenn sich nur nicht die ganze Welt daran gewöhnen würde. Nur nicht müde werden würde zu helfen. Das Böse darf nicht gewinnen.
In den letzten zwei Wochen sind viele freudige Ereignisse in meinem Leben passiert. Im Münchner Kreisverwaltungsreferat wurde mir mitgeteilt, dass meine Aufenthaltserlaubnis fertig sei, sie würde mir per Post zugesendet. Dadurch habe ich offiziell das Recht, für weitere zwei Jahre in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Ich freue mich darüber, denn ich habe nicht vor, hier wegzugehen. Ich lerne weiter die Sprache und verliebe mich immer mehr in dieses schöne, wohlwollende Land und in München, das mich so herzlich aufgenommen hat. Letzte Woche bekam ich ein Paket von meinen Eltern aus der Ukraine mit all meinen Sachen, die mir so fehlten. Es war so schön zu spüren, dass man auch in Kriegszeiten Pakete austauschen und mit seinen Verwandten in Kontakt bleiben kann. Eine weitere große Freude war ein Geschenk einer Arbeitskollegin: ein Fahrrad. Extra für mich repariert und praktisch brandneu. Eine weitere Bestätigung dafür, was für nette und hilfsbereite Menschen ich in dieser schönen Stadt treffe. Jetzt erkunde ich München mit dem Fahrrad und komme schneller zur Arbeit. Trotz des starken Verkehrs fühle ich mich auf den Radwegen absolut sicher. Ich war am Wochenende mit einer deutschen Freundin auf dem Tollwood. Ein unglaublich buntes und abwechslungsreiches Fest. Höfliche Verkäufer und erstaunlich schöne, handgefertigte Artikel. Ich wollte alles kaufen, aber am Ende haben wir an eine wohltätige Organisation gespendet, die der Ukraine hilft. Es freut mich, dass es dort auch solche Stände gibt. Aber ich hoffe, niemand gewöhnt sich daran, dass es einen Krieg gibt.