Der Mikro-Bauer von Ingelsberg

von Redaktion

Seine kleine Farm im Kreis Ebersberg: Lukas Höger baut auf Mini-Fläche möglichst viel an

VON HELENA GRILLENBERGER

Ingelsberg – Schwarz-blau schimmernd, weiß, graugescheckt: 140 Hühner picken und scharren um Lukas Höger im Gras herum. In Ingelsberg im Landkreis Ebersberg hat der 25-Jährige vor zwei Jahren eine sogenannte Mikrofarm aufgebaut. Seit diesem Jahr neu dabei: ein zweiter Hühnerstall. „Die Hühner hier drin legen alle grüne Eier“, sagt Höger und nickt in die Richtung der Vögel. „Wer kennt heute schon grüne Eier? Kein Mensch! Weil’s die im Supermarkt einfach nicht gibt.“ Der Gedanke des Jungbauern dahinter: Die alten Rassen zumindest ein bisschen weiter erhalten und zeigen, dass es auch andere Hühner gibt als die klassischen Legehennen. Die würden zwar ein, zwei Eier mehr legen, Diversität gebe es bei den Legehennen aber keine.

Gerade die ist Höger aber wichtig. Daher auch seine Entscheidung zum Mikrofarming. Das Prinzip dahinter: auf einer kleinen Fläche möglichst viel anbauen, dabei aber genug Raum für die Natur lassen. Der Boden soll nach Möglichkeit in Ruhe gelassen werden, beim Anbau werden keine Chemikalien verwendet. Indem Höger die Erdschicht schont, erhöht sich der Humusanteil und die biologische Düngung funktioniert aufgrund der höheren Dichte an Mikroorganismen im Boden.

„Man legt eigentlich feste Wege und feste Beete an, die dann weder mit Maschinen noch mit Menschengewicht betreten werden“, sagt Höger. So wird der Boden nicht mehr verdichtet. Mit einem Spaten sticht der 25-Jährige in die Erde einer der Parzellen, in die seine Farm unterteilt ist. Zwei Regenwürmer fallen aus den lockeren Bröckchen Erde auf dem Spatenblatt. „Der Boden ist ideal, der speichert das Wasser und die Nährstoffe perfekt“, freut sich der Landwirt.

Der 25-Jährige hat Energie- und Gebäudetechnik studiert, doch als Ingenieur will er nicht arbeiten. Er hat sich entschieden, den landwirtschaftlichen Betrieb, den seine Familie 1990 eingestellt hatte, wieder aufzunehmen. „Mir gefällt die Arbeit draußen“, sagt er.

Auch bei der Streuobstwiese, die er dieses Jahr angelegt hat, war es dem 25-Jährigen wichtig, auf Sorten zu setzen, die in Bayern und vor allem Oberbayern heimisch sind oder früher waren, „also auch alte Sorten“, erklärt Höger. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen und Walnussbäume hat der Ingelsberger gepflanzt – und auch dabei auf Diversität geachtet: Von jeder Sorte hat er nur zwei eingesetzt. Dazwischen: Platz für Blumen, Gräser, Unkraut – alles, was wachsen will und wovon auch Insekten etwas haben. Landwirtschaft im Einklang mit der Natur.

Seine beiden Hühnerställe sind mobil, können an den Traktor angehängt und alle paar Monate ein paar Meter verschoben werden, sodass die Hühner dauernd neuen Boden, neues Gras, neue Würmer haben. Das fördert die Ernährung der Tiere, und der Boden kann die Nährstoffe aus dem Hühnerdreck aufnehmen, wird aber nicht überladen – der Boden hat Zeit, sich zu erholen. Dadurch werden auch das Grundwasser oder andere Ökosysteme nicht geschädigt oder belastet.

Auf einer Fläche, etwa so groß wie ein Fußballfeld, verbindet Höger diesen Ansatz des Mikrofarmings mit einer weiteren Idee: der Gemeinschaftsökonomie. 80 Parzellen mit je 50 Quadratmetern hat er dieses Jahr schon nach solidarischem Preismodell für zwei bis drei Euro pro Quadratmeter im Jahr auf seiner Farm vermietet. Ein paar sagt er, sind noch frei. Dabei bietet er dieses Jahr, anders als 2021, auch mehrjährige Beete an. Und: die Möglichkeit, Jungpflanzen direkt von ihm zu beziehen. Auf diese Weise werden Fahrten zum Gärtner gespart und im besten Fall vermeiden seine Mieter den Fehler, alles Gemüse auf einmal zu pflanzen. „Sonst ist alles gleichzeitig reif und man kann nicht alles rechtzeitig essen“, sagt Höger.

Momentan sei er Vollzeitbauer, Zeit für anderes bleibe ihm kaum. Gewinn wirft seine Mikrofarm aber auch noch nicht ab, sie ist ja noch mitten in der Entstehung. „Das Potenzial ist aber da“, sagt Höger.

Die Erträge seiner Landwirtschaft verkauft er wenige Meter weiter am heimischen Hof. Eier, Gemüse, Obst, regional und saisonal. Auch eine Ernährungsberaterausbildung hat der 25-Jährige gemacht.

Wenn er erklärt, warum ein unbehandelter Apfel das Gesündeste für die Darmflora ist, weiß er also, wovon er spricht. Auch sein Obst wird nicht gespritzt. Und wenn da irgendwann mal ein Punkt am Apfel ist, weil ein Insekt ihn angebissen hat, „mein Gott, dann ist da halt ein Punkt“, sagt Lukas Höger und lacht.

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