Kinderreisepass: Ansturm aufs Amt

von Redaktion

VON CARINA ZIMNIOK

München – Viele Münchner Eltern, die im Sommer eine Urlaubsreise geplant haben, packt derzeit immer mal wieder eine leichte Panik. Der Kinderreisepass! Seit Januar 2021 ist der nur noch ein Jahr gültig – nicht mehr sechs Jahre wie zuvor. Das ist vor allem in Städten wie München, Augsburg oder Nürnberg ein Problem: Dort sind Termine auf dem Amt eh schon ein rares Gut. Und so warten viele Eltern morgens gebannt vor dem Computer darauf, dass im Internet neue freigeschaltet werden – und gehen zum Teil trotzdem leer aus.

Die Neuregelung für die Pässe hat den Zweck, dass die Kinder auf dem Foto gut erkennbar sein sollen. Bislang konnte ein Sechsjähriger theoretisch mit seinem Babybild verreisen. Doch was das für die Behörden bedeutet, hat die Stadt Nürnberg vorgerechnet: Diese stellt etwa 6000 Kinderreisepässe pro Jahr aus. Dadurch kämen heuer zu den etwa 6000 neu ausgestellten theoretisch 6000 dazu, die verlängert werden müssten. Im kommenden Jahr seien es dann schon 6000 neu plus 6000 aus 2021 und 6000 aus 2022. Der Bürgerservice habe Dutzende neue Mitarbeiter eingestellt, was sich wegen des Fachkräftemangels über eine längere Zeit hingezogen habe.

„Auch für die Stadt München war und ist die Verkürzung der Gültigkeit von Kinderreisepässen eine Herausforderung“, sagte Johannes Mayer vom Kreisverwaltungsreferat. Im Januar habe der Stadtrat deshalb neue Stellen in der Sachbearbeitung genehmigt. Fast 12 000 Kinderreisepässe wurde bereits in den ersten vier Monaten 2022 ausgestellt – und das war noch vor der Hauptreisezeit. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt rund 20 000.

Für die Eltern bedeutet das ebenfalls einen beachtlichen Aufwand: Sie müssen sich mitunter freinehmen, die Kinder zwingend mit aufs Amt nehmen, ein aktuelles biometrisches Passbild mitbringen – und falls nur ein Elternteil dabei ist, auch noch eine Vollmacht des anderen. Ein neuer Kinderreisepass kostet in München 13 Euro, die Verlängerung oder Aktualisierung 6 Euro.

Doch nicht nur die kürzere Gültigkeit, auch Corona trägt zum Ansturm auf die Passämter bei – die Menschen zieht es nach zwei Jahren daheim wieder in die Ferne. „Nachdem pandemiebedingt die Reisemöglichkeiten sehr eingeschränkt waren, waren in diesem Frühjahr die Terminanfragen für Ausweisdokumente außergewöhnlich hoch“, heißt es aus dem zuständigen Referat in Augsburg. In Rosenheim gab es 2019 vor der Pandemie 1985 Anträge im ersten Halbjahr, in diesem Jahr waren es 2233. In München habe man bis Ende Mai in diesem Jahr so viele Beantragungen bearbeitet wie noch in keinem Jahr zuvor im Vergleichszeitraum. Im Münchner Bürgerbüro liege der Fokus darauf, Terminkapazitäten zu schaffen, sagt Mayer. Jeder könne tagesaktuell oder zeitnah einen Termin im Online-Buchungskalender finden. In der Praxis aber ist es ein Glücksspiel, dass man ausgerechnet dann in den Online-Kalender schaut, wenn ein einzelner Termin frei wird.

Da Reisepässe und Ausweise von der Bundesdruckerei hergestellt werden, muss man in München vier bis fünf Wochen Produktionszeit einrechnen. Immerhin: Die Kinderreisepässe kriegen die Eltern direkt in die Hand gedrückt. Bisher ausgestellte Kinderreisepässe der älteren Kinder behalten übrigens ihre eingetragene Gültigkeit – allerdings nur, bis man das Foto austauscht. Dann muss auch dieser Pass einmal jährlich verlängert werden. Ab 12 brauchen Kinder dann – je nach Reiseziel – einen Personalausweis oder Reisepass. Gültigkeit: sechs Jahre. mit dpa

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