90-Jährige half bei Pflegebetrug

von Redaktion

Gesunde Senioren simulierten Demenz und Gehstörungen

Nürnberg – Das Amtsgericht Nürnberg hat Strafbefehl gegen eine 90 Jahre alte Frau erlassen, die einem Pflegedienst durch das Vortäuschen angeblicher Hilfsbedürftigkeit beim Abrechnungsbetrug geholfen haben soll. Insgesamt erließen die Ermittler zehn Strafbefehle gegen Patienten im Alter ab 71 Jahren, die Geldstrafen lagen zwischen 400 und 1800 Euro, wie die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg gestern mitteilte.

Den vermeintlich Pflegebedürftigen wird demnach vorgeworfen, durch Unterschrift von inhaltlich falschen Leistungsnachweisen einem Pflegedienst geholfen zu haben, pflegerische Leistungen abzurechnen – obwohl es tatsächlich keinerlei Leistungen gab: Die vermeintlichen Patienten waren allen rüstig und gesund.

Dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Bayern (MDK) sollen sie verschiedene Erkrankungen vorgespiegelt haben – etwa eine schwere Demenz, eine ausgeprägte Körpersteife, einen für Parkinson typischen Tremor der rechten Hand oder eine Gehstörung. Vor der Prüfung durch den Medizinischen Dienst soll der Pflegedienst den Senioren erklärt haben, wie sie sich verhalten sollten. Damit die Senioren glaubhaft wirkten, beschaffte der Pflegedienst sogar Rollatoren oder Badewannenhilfen für die Prüfung.

Auf diese Weise wurde von 2014 bis 2017 bei Krankenkassen abkassiert. Der Pflegedienst soll den Senioren als Gegenleistung Provisionen ausgezahlt haben. Laut Generalstaatsanwaltschaft machten die meisten der Angeklagten keine Angaben gegenüber den Ermittlern. Drei von ihnen hätten die Vorwürfe bestritten.

Gegen die Betreiber des Pflegediensts sei Anklage zum Amtsgericht wegen 362 Fällen des Abrechnungsbetrugs erhoben worden. Sie sollen über 175 000 Euro mithilfe falscher Abrechnungen kassiert haben.

Ermittlungen gibt es auch durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Sie sucht bundesweit nach zwei Männern, die Pflegepersonal aus Bosnien und aus Serbien ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland geschleust und zur häuslichen Pflege illegal vermittelt haben. 109 Objekte in 13 Bundesländern wurden bisher durchsucht, auch in Bayern. Ein 34 Jahre alter Geschäftsführer einer Stuttgarter Agentur für die Vermittlung von Pflegepersonal wurde festgenommen.  mm/dpa

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