Jesenwang – Was die Passion für Oberammergau ist, ist der Willibald-Ritt für Jesenwang – und der findet nach der Corona-Pause wieder am Sonntag im Kreis Fürstenfeldbruck statt. Martin Schmid ist Vorsitzender des Vereins Freundeskreis, der ihn organisiert – und zu dessen 300. Jubiläum plant der 44-Jährige etwas ganz Besonderes.
Ist der Willibald-Ritt die Passion von Jesenwang?
So könnte man das fast sagen. (lacht) Der Willibald-Ritt steht bei jedem im Ort fest im Kalender – und beruht auch auf einem Gelöbnis. Vor Kurzem wurde unsere Wallfahrt zu Pferd ja auch ins bayerische und deutsche Immaterielle Kulturerbe eingetragen.
Wann hat sich Jesenwang zum Ritt verpflichtet?
1712 grassierte eine schlimme Viehseuche. Vieh war damals überlebensnotwendig. Starb ein Pferd oder Ochs, konnte ein Bauer sein Feld nicht bestellen und seine Familie nicht mehr ernähren. Die Jesenwanger „verlobten“ sich daher vor dem Heiligen Willibald, den Ritt abzuhalten. Später sollen alle Tiere die Seuche überlebt haben.
Der Heilige Willibald ist Patron der Gittermacher – warum ausgerechnet er?
Die Kirche war damals das Zentrum einer Dorfgemeinschaft – und Sankt Willibald ist der Patron unserer Kirche. Damit war er der Heilige, der den Menschen am nächsten war. Der Hilferuf hat wohl geklappt. Es ist sogar überliefert, dass Bauern aus der ganzen Region hierher gepilgert sind, um Sankt Willibald zu bitten, ihre Tiere vor der Seuche zu verschonen.
Was gehört zum Ritt?
Kreuzreiter und Pfarrer führen ihn an. Alle Vorschulkinder, Kommunionskinder und Ministranten dürfen auf Kutschen mitfahren. Das war heuer herausfordernd, da sich über die vergangenen beiden Jahre zwei Jahrgänge aufgestaut haben. Alleine das sind fünf Kutschen. Dazu kommen ein Fahnenwagen, Trachtler, Schützen, Gesangsverein und Burschen. Und die Feuerwehr fährt mit ihrer historischen Spritze mit.
Und 2022 sollen mehr Pferde denn je mitlaufen?
Der Willibald-Ritt feiert heuer seinen 300. Geburtstag. Vor der Pandemie waren bei uns immer etwas mehr als 200 Pferde dabei – heuer sollen es 300 sein. Um 13.30 Uhr beginnt der Ritt am Gemeinschaftshaus. An der St. Willibald-Kirche werden alle gesegnet. Dank des Kulturerbes rechnen wir mit 3000 Gästen.
Wer darf mitmachen?
Im Gegensatz zu anderen Ritten haben wir keine strenge Regeln. Ponys, Mulis und Esel zählen auch – und heuer ist sogar ein Ochs dabei. Zudem begrüßen wir Pferdefans von überallher. Der Westernreiter ist so willkommen wie der klassische Dressurreiter oder der Deutsche-Kaltblut-Reiter.
Einzigartig ist, dass durch die Kirche geritten wird…
Die Kirche wurde 1414 erbaut und dank des anhaltenden Wallfahrtsbooms 1478 vergrößert. Wir haben lang geforscht, wann die Tore vergrößert wurden, damit alle durchreiten konnten. Wir erfuhren, dass die Kirche schon immer als Ross- und Viehweihestätte konzipiert war. Interview: Cornelia Schramm