Sorge vor der Datenkrake

von Redaktion

Bayern will Polizeisoftware kaufen – Es gibt auch Kritik

München – Ein Name, ein Klick, ein Netzwerk: Ermitteln Experten des Landeskriminalamts in Bayern wegen einer schweren Straftat, sollen sie künftig in wenigen Sekunden alles finden, was der Polizei über den Verdächtigen bisher bekannt ist. Autounfälle, Adresse, Eltern, frühere Straftaten: Das Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem (VeRA) soll alle Daten der Polizei durchsuchen und Verbindungen als Netzwerk anzeigen. Bisher müssen die Ermittler das wegen verschiedener Datenformate teils mit Drucker, Papier, Nadel und Faden selbst anfertigen. Dabei vergeht wertvolle Zeit.

Bis das VeRA in Bayern zum ersten Mal sucht, wird es aber noch mindestens bis Anfang kommenden Jahres dauern. Denn Datenschützer sind alarmiert wegen des neuen Polizei-Programms – und die Staatsregierung will sichergehen, dass der Anbieter der fünf Millionen Euro teuren Software keine der sensiblen Daten abzweigen kann.

Das Programm könnte durch eine Kaufoption im Vertrag auch in anderen Ländern und auf Bundesebene zum Einsatz kommen. Baden-Württemberg und Bremen prüfen einen Kauf, Hamburg ist interessiert. Hessen und Nordrhein-Westfalen setzen unter anderen Namen auf eine ähnliche Software des gleichen Anbieters (Hessendata und DAR). Bundeskriminalamt und Zoll prüfen noch. Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Brandenburg kaufen indes nicht.

Bis zum Jahresende soll das Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie im hessischen Darmstadt den Quellcode des Programms überprüfen. Der Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, hat schon klargemacht, dass er eine Gesetzesänderung für notwendig hält. Er befürchte, dass VeRA wie eine Datenkrake auf große Datenmengen zugreife, die nie für diesen Zweck gesammelt wurden. Hier hat das Bundesverfassungsgericht enge Vorgaben gemacht. Laut bayerischem Innenministerium soll VeRA nur bei Ermittlungen wegen schwerer Kriminalität zum Einsatz kommen – bei Terrorismus und Mord, aber auch bei Bandendiebstählen und Kinderpornografie.

Die Skepsis gegenüber dem Anbieter, der Palantir Technologies GmbH, hängt mit dem umstrittenen Gründer zusammen: Der Tech-Milliardär Peter Thiel hatte den Wahlkampf von Ex-Präsident Donald Trump mitfinanziert. lby

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