Der bayerische Kokain-Krimi

von Redaktion

Zoll findet Container mit Schmuggelware im Wert von 109 Millionen Euro

München – Normal berichtet die Polizei recht nüchtern von einem Drogenfund. Alltag, so scheint es. Doch dieses Mal ist das anders. Eine Lieferung von Medizinprodukten an eine Firma im hessischen Friedberg hatte nämlich brisante Beifracht in rekordverdächtigen Mengen geladen: Mehr als eine Tonne Kokain war im Container versteckt. Geschätzter Straßenverkaufswert: knapp 109 Millionen Euro.

In Aschaffenburg beschlagnahmten die Fahnder die Drogen erst heimlich, ein paar Tage später nahmen sie dann in Friedberg drei Männer fest, als sie die Schmuggelware mit einem Transporter abholen wollten. Die 22, 26 und 45 Jahre alten Tatverdächtigen aus den Niederlanden sitzen nun in Bayern in Untersuchungshaft. Jürgen Thiel, Leiter der Rauschgiftschmuggelbekämpfung im Zollfahndungsamt München, spricht von einem Rekord. Es ist die größte Einzelmenge an Kokain, die je in Bayern sichergestellt wurde – mehr als 1000 Kilogramm gab es noch nie. Die Ermittlungen vergleicht er mit einem Krimi.

Am 15. Juni hatten ausländische Behörden den bayerischen Kollegen einen Tipp gegeben. Am Container-Terminal Aschaffenburg könnte heiße Ware lagern. Ein Bereitschaftsteam rückte aus – und wurde in einem Container, der von der Dominikanischen Republik über den Hamburger Hafen nach Unterfranken transportiert worden war, fündig. Zwischen Kartons voller Medizinprodukten lagerten zig Kokain-Pakete – das Stück zu je einem Kilogramm. „Gutes Zeug mit einem Wirkstoffgehalt zwischen 85 und 90 Prozent“, sagt Michael Griesmeier von der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift Nordbayern. Ein großer Erfolg: „Ich konnte die Emotionen in den Telefonaten spüren, als sie die Pakete sahen und es immer mehr wurden“, sagt Thiel. Die Euphorie schlug aber schnell in die Planung für verdeckte Ermittlungen um.

Tagelang beobachteten die Beamten den Container. Einmal fuhren Leute vor, sahen sich um und machten Fotos, erzählt Thiel. Die Fahnder hielten still und sorgten dafür, dass der Container termingemäß in Friedberg ankam. Auf dem Parkplatz der Firma, die nach bisherigen Erkenntnissen von der illegalen Fracht nichts wusste, legten sie sich auf die Lauer.

Am 21. Juni wurde es morgens um 4 Uhr spannend. Drei Männer kamen mit einem Transporter und schnitten den Container mit einem Bolzenschneider auf. Sie konnten festgenommen werden und sitzen nun in Haft – in drei verschiedenen Gefängnissen, damit sie sich nicht absprechen können, wie Monika Schramm, Leiterin der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg, erklärt. Vorgeworfen wird ihnen unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, strafbar mit einem bis zu 15 Jahren Haft.

Auf die Beamten wartet jetzt viel Arbeit. Sie wollen die Hintermänner dingfest machen. Thiel rechnet mit langwierigen, internationalen Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität. Und das Koks, das einen stechenden, chemischen Geruch verströmt? Das wird gesammelt und schließlich irgendwann verbrannt. CORDULA DIECKMANN

Drei Männer aus den Niederlanden in Untersuchungshaft

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